Joachim Mohr   Mathematik Musik Delphi

Eine kurze Einführung finden Sie hier... und ein Größenvergleich der Intervalle hier ...

Viele Musikinstrumente und vor allem Sängerinnen und Sänger können feine Tonhöhennuancen von Intervallen abweichend von der gleichstufigen Stimmung realisieren. Sie können durch genaues Aufeinanderhören reine Oktaven, Quinten, Quarten, Terzen usw. verwirklichen. Je besser dies gelingt, umso besser ist der Klang. Dies beruht darauf, dass bei natürlichen Klängen neben dem Grundton auch Obertöne, deren Frequenz ein Vielfaches der Frequenz des Grundtons ist, mitschwingen. Fallen diese bei Akkorden teilweise zusammen, wird der Klang als harmonisch empfunden. Bei Verstimmungen wird der Klang rau.

Intervalltabelle der reinen Stimmung

Intervall                 Frequenzverhältnis Größe nach Mercator                           
Syntonisches Komma ,e e   81:80              1k 
diatonischer Halbton ,e f 16:15              5k
Kleiner Ganzton d ,e      10:9               8k 
Großer Ganzton c d         9:8	             9k 
Kleine Terz c ’es          6:5               14k
Große Terz c ,e            5:4               17k
Quarte c f                 4:3               22k  
Quinte c g                 3:2               31k
Kleine Sext c ’as          8:5               36k                
Große Sext c ,a	           5:3	             39k 
Kleine Septime g f        16:9               44k
Kleine Septime ,a g        9:5               45k
Große Septime c h         15:8               48k 
Oktave c c’	           2:1               53k                

Die reine Stimmung

Folgende drei Vorkenntnisse sind erforderlich:
Vorkenntnisse auffrischen: Das pythagoreische und syntonische Komma
Gioseffo Zarlino (1517-1590) bezeichnet die reine Stimmung als die "natürliche".
Dem Mathematike Leonhard Euler (1707–1783) verdanken wir die hier verwendete nützliche Schreibweise.
Alles, was Sie über die Eulerschreibweise wissen müssen.
Man geht vom Quintenzirkel mit reinen Quinten (Frequenzverhältnis 3/2) aus:
des as es b f c g d a e h fis cis (Alle Töne werden in derselben Oktavlage betrachtet).
Dann gilt folgende Schreibweise: Ein vorangestelltes "Tiefkomma", "Hochkomma" erniedrigt bzw. erhöht den Ton um ein syntonisches Komma.
In der additiven Schreibweise lautet die Dur- und Moll-Tonleiter:

c(0) 9 d(9) 8 ,e(17) 5 f(22) 9 g(31) 8 ,a(39) 9 ,h(48) 5 c(53)

c(0) 9 d(9) 5 'es(14) 8 f(22) 9 g(31) 5 'as(36) 8 'b(44) 9 c(53)

Die tiefer gestellten Zahlen geben den Abstand zum Nachbarton an,
die Zahlen in Klammer, den Abstand von c.
Die Größe eines Intervalls ist dann eindeutig bestimmt Zum Beispiel:
c-e = 18 Teile = 4 Quinten - 2 Oktaven = 409 Cent (≙ 81/64) pythagoreische große Terz
c-,e = 17 Teile = c-e - (synt.) Komma = 386 Cent (≙ 5/4) reine große Terz
c-es = 13 Teile = -3 Quinten + 2 Oktaven = 294 Cent (≙ 32/27) pythagoreische kleine Terz
c-'es = 14 Teile = c-es + (synt.) Komma = 316 Cent (≙ 6/5) reine kleine Terz
BemerkungDie Abweichung dieser Teilung der Oktave in 53 Teile und der exakten Centwerte ist minimal. Zum Beispiel:
17 Teile = 1200*17/53 = 384,9 Cent - Reine Terz = 386,3 Cent
31 Teile = 1200*31/53 = 701,9 Cent - Reine Quinte = 702,0 Cent.
Die reine C-Dur Tonleiter schreibt sich in der Eulerschen Schreibweise c d ,e f g ,a ,h c. Hier haben die Dreiklänge c-,e-g und f-,a-c sowie g-,h,d reine große Terzen (Frequenzverhältnis 5/4), reine kleine Terzen (6/5) und reine Quinten (3/2).
Alle Durtonleitern schreiben sich nach dem selben Schema:
3. 6. und 7. Ton ein syntonisches Komma tiefer. Beispiele:

Ton 1 2 ,3 4 5 ,6 ,7 8
...
D-Dur: d e ,fis g a ,h ,cis d
G-Dur: g a ,h c d ,e ,fis g
C-Dur: c d ,e f g ,a ,h c
F-Dur: f g ,a b c ,d ,e f
B-Dur: b c ,d es f ,g ,a b
...
Der Molldreiklang c-es-g enthält die unreine große Terz es-g. Wenn wir das es um ein syntonisches Komma erhöhen, wird der Dreiklang rein. Für das erhöhte es schreiben wir 'es ("Hochkomma es"). Der Ton 'es erklingt also ein syntonisches Komma höher als der Ton es.
Die reine C-moll Tonleiter (c-moll natürlich) schreibt sich dann c d 'es f g 'as 'b c. Hier haben die Dreiklänge c-'es-g und f-'as-c sowie g-'b-d reine kleine Terzen (6/5), reine große Terzen (5/4) und reine Quinten (3/2).
Alle Molltonleitern schreiben sich nach dem selben Schema:
3. 6. und 7. Ton ein syntonisches Komma höher. Beispiele:
...
Ton      1  2    '3  4  5  '6   '7   8 

g-Moll:  g  a    'b  c  d  'es  'f   g 

f-Moll:  f  g    'as b  c  'des 'es  f 
...
Die Paralleltonart und Gegentonart von C-Dur: 

,a-Moll: ,a ,h   c  ,d ,e   f    g   ,a 

,e-Moll: ,e ,fis g  ,a ,h   c    d   ,e  
Im Quintenzirkel sind die einzelnen Töne folgendermaßen angeordnet.
Töne auf derselben vertikelen Linie (c und 'his oder des und ,cis usw.) unterscheiden sich nur um das Schisma. skala53ohneziffern

Die Vollkadenz in allen drei Lagen

In f-Dur: f g ,b c ,d ,e f (siehe unten "Modulationen")
vollkadenza.png
rein
gleichstufig

Modulationen

Bekanntlich ändern sich bei Modulationen die Vorzeichen. In reiner Stimmung gibt es aber eine Besonderheit, die die Theorie kompliziert macht.

Zur Einführung ein Klangbeispiel

Modulation von C-Dur nach D-Dur

Die C-Dur-Tonleiter wird üblicherweise folgendermaßen gestimmt:
c d ,e f g ,a ,h c. Hier sind folgende Terzen rein: c ,e / 'des f / d ',fis / 'es g / f ,a / g ,h / 'as c und 'b d rein erklingen.
Dann klingt es folgendermaßen:

Da die reine D-Dur-Tonleiter folgende Darstellung hat: d ,fis g a ,h ,cis d, muss man also 'des in ,cis und ,a in a umstimmen. Dann klingt es rein:
Faustregel: Bei einer Modulation in eine Nachbartonart ändern sich zwei Töne, einer davon erkennbar mit Vorzeichenwechsel, der andere geringfügig um ein syntonisches Komma mit der Größe von 22 Cent, etwa ein Fünftel Halbton.

Modulation in die Dominante

Vergleicht man die
C-Dur-Tonleiter c d ,e f g ,a ,h c mit der
G-Dur-Tonleiter g a ,h c d ,e ,fis g, so sieht man:
Das f hat sich mit Vorzeichenwechsel um einen Halbton zu ,fis erhöht, das ,a um ein syntonisches Komma zu a (im Notenbild unsichtbar) erhöht.
Beispiel: Dieselbe Melodie. Einmal in C-Dur, das andere Mal in G-Dur.
In C-Dur hat ,a die Frequenz von 440 Hz, in G-Dur hat a die Frequenz von 445,5 Hz. Diese Melodie bestimmt also schon - unter dem Gesichtspunkt der reinen Stimmung - die Tonart.
Die Melodie in C-Dur: h c ,e g ,a g
1in_c.gif
In G-Dur: h c ,e g a g
1in_c.gif

In G-Dur erklingt der Ton a höher als das ,a in C-Dur.
Spiele ,a in C-Dur (440 Hz) und a in G-Dur (445,5Hz) und beide und zusammen.

Modulation in die Subdominante

Vergleicht man die
C-Dur-Tonleiter c d ,e f g ,a ,h c mit der
F-Dur-Tonleiter f g ,a b c ,d ,e f, so sieht man:
Das h hat sich mit Vorzeichenwechsel um einen Halbton zu b erniedrigt, das d um ein syntonisches Komma zu ,d (im Notenbild unsichtbar) erniedrigt.

Modulation in den Tonikagegenklang

Vergleichen wir jetzt die
C-Dur-Tonleiter c d ,e f g ,a ,h c mit der
e-Moll-Tonleiter ,e fis g ,a ,h c d ,e.
Hier hat sich nur ein Ton geändert: das f zu fis erkennbar mit Vorzeichenwechsel um einen Halbton.

Modulation in die Tonikaparallele

Vergleichen wir nun die
C-Dur-Tonleiter c d ,e f g ,a ,h c mit der
a-Moll--Tonleiter ,a ,h c ,d ,e f g ,a.
Hier hat sich ebenfalls nur ein Ton geändert: das d hat sich um ein syntonisches Komma zu ,d erniedrigt.
Der Akkord auf der 2. Stufe in C-Dur ist deshalb mit ,d zu intonieren: ,d-f-,a. Sonst klingt der Akkord d-f-,a mit unreiner Terz d-f und unreiner Quinte d-,a.
Im Quintenzirkel kann man die Tonhöhen im folgendes Schema ablesen:
Tastatur reine Stimmung
In dieser Darstellung sieht man die Lage der Töne im Quintenzirkel:
In der C-Dur-Reihe ... C-Dur: c d ,e f g ,a ,h c
Eine Zeile tiefer ist die Kommaveränderung zu F-Dur sichtbar: ,d statt d. F-Dur: f g ,a b c ,d ,e f
Darunter die Kommaveränderung zu B-Dur: ,g statt g. B-Dur: b c ,d es f ,g ,a b.
Darunter die Kommaveränderung zu Es-Dur: ,c statt c. Es-Dur: es f ,g as b ,c ,d es.
Darunter die Kommaveränderung zu As-Dur: ,f statt f. As-Dur: as b ,c des es ,f ,g as.
Über der C-Dur-Tonleiter die Kommaveränderung zu G-Dur: a statt ,a. G-Dur: g a ,h c d ,e ,fis g .
Darüber die Kommaveränderung zu D-Dur: e statt ,e. D-Dur. d e ,fis g a ,h ,cis d.
Darüber die Kommaveränderung zu A-Dur: h statt ,h. A-Dur. a h ,cis d e ,fis ,gis a.

Die weiteren Kommaveränderungen erscheinen bei den "schwarzen" Tasten:

Nach As-Dur die Kommaveränderung zu Des-Dur:,b statt b. Des-Dur des es ,f ges as ,b ,c des.
Nach A-Dur die Kommaveränderung zu E-Dur: fis statt ,fis. E-Dur: e fis ,gis a h ,cis ,dis e.
Darüber Kommaveränderung zu H-Dur: cis statt ,cis. H-Dur: h cis ,dis e fis ,gis ,ais h.
Darüber Kommaveränderung zu Fis-Dur: gis statt ,gis. Fis-Dur: fis gis ,ais h cis ,dis ,eis fis.
Darüber Kommaveränderung zu Cis-Dur: dis statt ,dis. Cis-Dur: cis dis ,eis fis gis ,ais ,his cis.
Töne, die sich nur um ein Schisma (2 Cent) unterscheiden, kann man in der Praxis gleichsetzten.
,his=c+2Cent / ,cis=des+2Cent / ,dis=es+2Cent / ,eis=f+2Cent /,fis=ges+2Cent / ,gis=as+2Cent / ,ais=b+2Cent
Ob die Intervalle rein oder unrein erklingen, erkennt man an ihrer Darstellung. Reine große Terzen sind von der Form x-,y, zum Beispiel: b-,d, des-,f oder cis-,eis.
Intervallberechnungen sind in dieser Darstellung einfach. Beispiel: as und gis unterscheiden sich um das pythagoreische Komma. Da ,gis ein syntonisches Komma tiefer als gis erklingt, hat das Intervall ,gis as eine vernachlässigbare Größe. nämlich:
Schisma = pythagoreisches Komma - syntonisches Komma = 2 Cent.

Weiter: Mitteltönige und wohltemperierte Stimmung(en)