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3. Lektion: Beschreibung von Tonsystemen
ohne Akustik, rein hörpsychologisch
veraltete Version

Die axiomatische Einleitung kann für das weitere Verständnis überflogen werden.
Wichtig ist hier: Jedes Intervall kann durch Vergleich mit der Oktave = 1200 Cent gemessen werden.
Zum Beispiel sind 12 Quinten ungefähr sieben Oktaven. Daraus folgt: Quinte ungefähr gleich 7/12 Oktave = 700 Cent. Ein genauerer Wert ist: Quinte = 702 Cent. Weiter mit Lektion 4.
Bisher haben wir Töne und Intervalle durch Frequenzen und Frequenzverhältnisse beschrieben, aber doch schon die Grundlagen gelegt, um ohne diese Begriffe auszukommen.

Es gibt zwei wichtige Gründe, die Theorie möglichst ohne Bezug auf die Akustik zu formulieren:

Die Anschaulichkeit und die Interpretation historischer Tonsystembeschreibungen.

Zwischen dem musikalischen Sachverhalt und der Akustik ist ein ständiger Übersetzungsvorgang nötig, der Theorien umständlich und unanschaulich macht, und bei geschichtlichen Betrachtungen Zusammenhänge vorwegnimmt, die damals noch nicht erforscht waren. Wir wollen nur mit musikalischen Begriffen auskommen.
Das Verständnis über Töne und Intervalle kann ohne physikalische Begriffe vermittelt werden. Ein Lehrer kann seinem Schüler "zeigen", was ein Oktave, eine Quinte, eine große Terz usw. ist, ohne auf das Frequenzverhältnis der Schwingungen einzugehen. Der Schüler kann dies wiederum seinen Schülern weiter geben. Im Folgenden wird die zugrundeliegende Theorie erläutert. Dies ist neben der Anschaulichkeit für die Interpretation historischer Tonsystembeschreibungen wichtig.

Hier wird ein vereinfachtes Tonsystem nur mit dem Begriffen "Ton" und "Intervall" verwendet, wie es ähnlich Wilfried Neumaier beschreibt. Es kommt ohne den Begriff der reellen Zahlen aus.

Eine exakte Beschreibung findet sich im Anhang der Abhandlung Axiomensystem.

Man hat einen Tonvorrat (=Menge von Tönen), zum Beispiel: ..., c', d', e', f', ... und
eine Menge von Intervallen zum Beispiel: Oktave, Quinte, große Terz, ...

Töne und Intervalle sind miteinander verknüpft.

  1. Zwei Töne bestimmen jeweils ein Intervall, zum Beispiel (gleich in der passenden Beschreibung):

    gT = c'e' (gT ist die Abkürzung für große Terz, siehe Lektion 1)
    Qui = c'g' (Qui ist die Abkürzung für die Quinte) ...

  2. Umgekehrt gibt es zu jedem Ton und zu jedem Intervall genau einen zweiten Ton, so dass die zwei Töne gerade dieses Intervall ausmachen. Zum Beispiel (gleich in der passenden Beschreibung):
    c' + Qui = g', da Qui = c'g'.

  3. Intervalle kann man addieren (hintereinander ausführen. Siehe Lektion 2) und subtrahieren.

    Für diese Verknüpfung gelten die üblichen mathematischen Regeln.

    Zum Beispiel haben wir in Lektion 2 gesehen.

    gSext=Ok-kT für kT=Qui-gT also folgt gSext=Ok-(Qui-gT) =Ok-Qui+gT =Ok+gT-Qui.

    In unserer Vorstellung denken wir uns etwa: c'+gSext=c'+Ok+gT-Qui =c''+gT-Qui=e''-Qui=a'.

  4. Eine ganz wichtige Eigenschaft, die uns ermöglicht Intervalle zu messen ist der Größenvergleich:

    Tönen und Intervallen kann man in ihrer Tonhöhe bzw. Größe vergleichen. Zum Beispiel:
    c'〈 d' (Interpretation:der Ton d' erklingt höher als der Ton c') und
    Qua〈 Qui ("Das Intervall der Quarte ist kleiner als das Intervall der Quinte").

    Damit kann man rechnen. Zum Beispiel:
    1 Okt〈 2Qui.
    Um das zu verifizieren benötigt man keine Berechnungen über Frequenzverhältnisse. Ein musikalischer Mensch hört diese Beziehung, etwa durch folgenden Vergleich:
    c' + Ok = c'' und
    c' + (Qui + Qui) = (c' + Qui) + Qui = g' + Qui = d''
    d'' erklingt höher als c''. Folglich ist Ok 〈 Qui+Qui
Eines kann man jedoch nicht: Teile von Intervallen hörpsychologisch bestimmen. Zum Beispiel kann niemand ohne Taschenrechner und ohne (auf Rechnungen beruhenden) Auszählen von Schwebungen eine halbe Quinte bestimmen. Diese wäre zwischen großer und kleiner Terz anzusiedeln. (Wird in Lektion 5 oder hier erläutert).

Es hat jedoch Sinn zu schreiben:
Qui 〉 1/2OK (Die Quinte ist größer als eine halbe Oktave).
Die Interpretation ist: 2Qui 〉 1Ok.

Wie Wilfried Neumaier> ausführt, kann man hörpsychologisch feststellen, dass

2Qui 〉 1Ok
5Qui 〈 3Ok
12Qui 〉 7Ok (siehe Pythagoreisches Komma: 12 Quinten übertreffen 7 Oktaven)
41Qui 〈 24Ok

Man kann also den Ort der Quinte innerhalb der Oktave immer genauer angeben. Dabei ist es nützlich, die Oktave (= 12 Halbtöne) noch weiter zu unterteilen: Ok = 1200 Cent.
        1
  Qui 〉-Ok  = 600 Cent
        2

        3
  Qui〈 -Ok  = 720 Cent
        5

        7
  Qui 〉——Ok = 700 Cent
        12

        24
  Qui 〉——Ok = 702 Cent
        41

Genauere Angaben sind vom Hören her nicht mehr möglich, nur noch theoretisch.

Die modernen Mathematik macht es uns leicht:
           3
  Qui = lb(-)Ok = 701,955 Cent)
           2
(Zweierlogarithmus:

siehe nächste Lektion)

Wir müssen nur beachten,

                                       3
dass der Frequenzverhältnis der Quinte - ist.
                                       2

Für Mathematiker:

Mit der Kettenbruchentwicklung

kann man immer bessere Brüche

                          3
als Näherungswerte für lb(-) bestimmen
                          2
    3
(lb(-): siehe Lektion 4)
    2
   3                   7   24  31  179
lb(-) ungefähr gleich  ——, ——, ——, ———,
   2                   12  41  53  306

179  389  9126   18641
———, ———, —————, —————, ...
306  665  15601  31867

Jedes Intervall kann also (hörpsychologisch ungefähr, mathematisch exakt) mit der Oktave verglichen werden. Wir besitzen also einen Maßstab für Intervalle. Dies wird in der nächsten Lektion behandelt.
Hinweis für Mathematiker: Dieser Tonraum wird an anderer Stelle mathematisch exakt beschrieben.

Die moderne Mathematik gibt uns die Gelegenheit, solche Strukturen elegant zu studieren. Der Bezug zu den reellen Zahlen (der Maßstab für ein Intervall) kann dabei vermieden werden.

Hinweis für Nichtmathematiker: Wenn Sie gT=Qui-kT und gSext=Ok-kT=Ok-(Qui-gT)=Ok+gT-Qui interpretieren können, haben Sie genügend mathematisches Hintergrundwissen.

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