Joachim Mohr Mathematik Musik Delphi
Das Tonsystem der westlichen Musik
Schon in der griechischen Antike wurde der Tonraum durch den Begriff des
Intervalls strukturiert. Und bald entdeckte man, dass man Intervallen
Proportionen (Saitenverhältnisse in der griechischen Antike, später
Frequenzverhältnisse) zuordnen kann, wobei der Addition von Intervallen die
Multiplikation der Proportionen entspricht. Dadurch war es möglich, Intervalle
in ihrer Größe exakter zu vergleichen als es mit dem Gehör möglich ist.
Unsere heute verwendeten Tonbuchstaben ''A B C D E F G a b c d e f g
a'', die die relative Tonhöhe markieren, wurden um 1000 n. Chr. von Odo
(
Dialogus de musica in Gerberts Scriptores I, 253.) verwendet. (Es
handelt sich um eine Abwandlung einer von Boethius um 500 n. Chr. verwendeten
Bezeichnung.) Auch unsere heutige Notenschrift, die die relative Tonhöhe auf
Notenliinien markiert, geht - geringfügig modifiziert - auf diese Zeit
zurück. (Stchwort: Guido von Arezzo).
Bemerkenswert dabei ist, dass bei der Tonfortschreitung '''Ganztöne'''
- zum Beispiel von ''C'' nach ''D'' - und '''Halbtöne''' - zum Beispiel von
''E'' nach ''F'' - vorkommen.
Mit der Zeit wurde der Tonvorrat durch Erhöhung oder Erniedrigung eines
Tones erweitert. Um 1270 gab es zeitgenössischen Bildern nach schwarz-weiße
Klaviaturen mit folgender Zuordnung: (Siehe. WiLfried Neumaier "Tonsyteme - ein
interessantes Kapitel in der Musik-Mathematik-Geschichte" in "Mitt. Math. ges.
Hamburg '''22''' (2003), S. 15.)
Hierbei sind alle Quinten im Quintenzirkel
B-F-C-G-D-A-E-H-Fis-Cis-Gis-Dis rein gestimmt (Frequenzverhältnis der reinen
Quinte:
3/
2). In dieser damals gebräuchlichen
Pythagoreische Stimmung kann man zum Beispiel nicht Gis mit As gleichsetzten,
da diese beiden Töne sich um das Pythagoreisches Komma unterscheiden.
Mit dem Aufkommen der Mehrstimmigkeit in der zweiten Hälfte des 15.
Jahrhunderts intonierte man neben der Oktave und Quinte auch die große Terz
rein (Frequenzverhältnis der reinen Terz:
5/
4) im
Gegensatz zur dissonant empfundenen pythagoreischen Terz mit dem
Frequenzverhältnis
81/
64).
Diese Reine Stimmung lies sich auf einer 12-stufigen Tastatur nicht
verwirklichen, jedoch mit der mitteltönigen Stimmung gut annähern.
Hierbei wurden die Quinten im Quintenzirkel B-F-C-G-D-A-E-H-Fis-Cis-Gis
so "temperiert", dass die vorkommenden Terzen - zum Beispiel C-E - rein
erklingen. Auch in dieser Stimmung kann man zum Beispiel nicht Gis mit As
gleichsetzten.
Nach vielen Versuchen mit wohltemperierten Stimmungen setzte sich die
heute üblich verwendete Gleichstufige Stimmung durch.
Bei dieser Stimmung sind die Quinten im Quintenzirkel ...
As-Es-B-F-C-G-D-A-E-H-Fis-Cis-Gis-Dis-... so temperiert, dass As und Gis sowie
Es und Dis u.s.w. die gleiche Tonhöhe haben und deshalb enharmonisch
verwechselt werden können.
Im heutigen Dur-Mollsystem sind alle Tonarten C-Dur, a-Moll, G-Dur,
es-moll u.s.w. in ihrer diatonischen Tonfolge immer gleich. Eine Melodie oder
ein Musikstück kann prinzipiell auf jedem beliebigen Grundton gesungen bzw.
gespielt werden. Melodien bzw. ganze Musikstücke sind somit transponierbar.
Den einzelnen Tonarten werden aber mitunter über die Tonartencharakteristik]
unterschiedliche Bedeutungen beigemessen, doch sind diese Zuordnungen von
historischen Stimmungssystemen abhängig.