Joachim Mohr Mathematik Musik
Stufen der Logik
Diese Lektion ist für Oberstufenschüler und Studenten im Anfangssemester gedacht.
Logisch denken: Das tut doch jeder, der einen gesunden Menschenverstand hat? Muss ich das auch noch lernen?
Es stimmt: Jeder, der seine Muttersprache richtig erlernt hat, weiß auch, wie die Wörter "nicht", "und", "oder", "Für alle", "Es gibt" und so weiter richtig zu gebrauchen sind.
Oder doch nicht ??? Hier ein kleiner Vorgeschmack:
Übung: Sind die folgenden Aussagen wahr oder falsch?
1 a) Es gibt x ε
R mit x
2 = 2.
b) Für alle n ε
N: n
2 ist nicht Primzahl.
c) Es gibt x ε
N: 2
x = 1024.
d) Für alle q ε
Q: q
2 > 0.
2 a) Es gibt x ε
R so, dass für alle ε > 0 gilt: |2 - x| < ε.
b) Für alle x,y ε
R gilt: Wenn für alle ε > 0 gilt: |x - y| < ε, dann folgt x = y.
c) Es gibt a ε
R mit a > 0 so, dass für alle n aus
N gilt: a < 1/n.
d) Für alle n ε
N gilt: Ist n
2 gerade, dann ist auch n gerade.
Lösungen
Hier soll versucht werden, die wesentlichen Begriffe zu präzisieren und das Augenmerk darauf zu richten, wie "verschachtelt" manche Argumente sind. Das wird einem Schüler spätestens dann klar, wenn er einen Beweis mit Hilfe der vollständigen Induktion führen muß oder einem Hörer einer Anfängervorlesung in Mathematik, wenn die Stetigkeit einer Funktion exakt definiert wird, nicht anschaulich ("macht keine Sprünge") sondern durch eine Aussage, der Form "Für alle
ε > 0 existiert ein δ > 0 so, dass wenn ...", die für eine Funktion entweder wahr oder falsch ist.
Im folgenden werden folgende Bezeichnungen verwendet.
N = die Menge der natürlichen Zahlen = {1,2,3, ...},
für manche Autoren ist die Null noch dabei, wir verwenden hier die Schreibweise
N0 = {0,1,2,3,...},
Z = die Menge der ganzen Zahlen = {0, ±1, ±2, ±3, ..},
Q = die Menge der rationalen Zahlen {m/n| m ε
Z, n ε
N} und
R = die Menge der reellen Zahlen, die außer den rationalen Zahlen noch alle Grenzwerte von monotonen beschränkten Folgen rationaler Zahlen, wie zum Beispiel √
2 oder lg(2), enthält.
Aussagen und Aussageformen
Was Aussagen sind, braucht gar nicht definiert sein. Entscheidend ist allein:
Aussagen sind entweder wahr oder falsch.
Beispiele
- a) 2+5 = 7 (w)
- b) 7+8 = 17 (f)
- 5 ist eine Primzahl (w)
- Es gibt eine rationale Zahl x, deren Quadrat 2 ist (f)
- Alle Primzahlen sind ungerade (f)
Die erste Aussage ist wahr, die zweite falsch, die dritte wahr, die vierte, wie man beweisen kann, falsch und die fünfte falsch, da 2 eine gerade Primzahl ist. Wir haben dies kurz durch "(w)" für "wahr" und "(f)" für falsch notiert.
Aussagen , wie zum Beispiel "wenn 7=0 ist, dann ist 2·7=7" (w) rechnet man der
formalen Logik zu. Der Wahrheitsgehalt erschließt sich erst dann, wenn man dies in Zusammenhang mit Aussageformen bringt.
Aussageformen besitzen Platzhalter. Sie werden auf zwei Wegen zu Aussagen:
- Durch Ersetzen der Platzhalter durch Elemente der Grundmenge.
Beispiel: Aussageform: 2·x = 9; x reelle Zahl. (statt "x reelle Zahl" kann man auch sagen "Grundmenge ist R".)
Einsetzen von x=4,5 ergibt die Aussage 2·4,5=9 (w).
Einsetzen von x=5 ergibt die Aussage 2·5=9 (f).
- Durch die Quantoren "
Für alle" und "
es gibt".
Beispiel: Aussageform: 2·x = 9 (Grundmenge R)
Mit dem Quantor "Es gibt" wird die Aussageform zu der Aussage
Es gibt ein x ε R mit 2·x = 9 (w, nämlich für x=4,5).
Beispiel: a·(b+c) = a·b + a·c (a,b,c ε R) (Das Assoziativgesetz)
Mit dem Quantor "Für alle" drei mal angewandt wird die Aussageform zur Aussage:
Für alle a ε R, für alle b ε R, für alle c ε R gilt: a·(b+c) = a·b + a·c (w)
Kurz: Für alle a,b,c ε R gilt: a·(b+c) = a·b + a·c (w)
Welche Zahlen ich für a,b und c auch einsetzte, ich erhalte eine wahre Aussage.
Zum Beispiel 17·(3,5 + 4) = 17·3,5 + 17·4 (w).
Aussageformen sind
allgemeingültig, wenn sie für jede Einsetzung wahr werden.
Zum Beispiel ist die Aussage "eine durch 6 teilbare natürliche Zahl n ist gerade" allgemeingültig.
Setze ich nämlich für n eine durch 6 teilbare Zahlen ein, zum Beispiel n = 24, dann ist diese Zahl gerade. Und dieser Sachverhalt gilt für alle durch 6 teilbare Zahlen.
Allgemeingültige Aussageformen treten uns in der Mathematik als (gültige)
Formeln auf Schritt und Tritt entgegen.
- a·b = b·a (Das Kommutativgesetz)
- (a+b)2 = a2 + 2ab + b2 (Die Binomische Formel)
- (u·v)' =u'·v + u·v'
- und so weiter
Wenn Grundmenge der Variablen dieser Formeln nicht angegeben ist, ergibt sich diese aus dem Zusammenhang.
Verknüpfung von Aussagen und Aussageformen
Die Verknüfung von Aussagen kann man am besten durch Tafeln angeben:
|
|
a | b | a
und b |
w |
w |
w |
w |
f |
f |
f |
w |
f |
f |
f |
f |
|
|
a | b | a
oder b |
w |
w |
w |
w |
f |
w |
f |
w |
w |
f |
f |
f |
|
In Worten:
Die
Negation einer Aussage ist genau dann wahr, wenn die Aussage falsch ist.
Eine
Und-Aussage ist genau dann wahr, wenn beide Aussagen wahr ist.
Eine
Oder-Aussage ist genau dann wahr, wenn mindestens eine der Aussagen wahr ist.
Übung: Sind die folgenden Aussagen wahr oder falsch?
3 a) (5 + 2 = 7) und (7 - 2 = 5).
b) Es gibt x ε
R mit (x < 0) und (x
2 = 2)
c) (1·1 = 1) oder (1·1 = 0).
4 a) Für alle n ε
N gilt: (n ist Primzahl) oder (n ist gerade).
b) Es gibt n ε
N: (n ist Primzahl) und (n ist gerade).
c) Für alle Primzahlen p gilt: (p ist ungerade) oder (p = 2).
Lösungen
Die wichtigste logische Mitteilung ist die
Wenn-Dann-Verknüpfung.
Diese Verknüpfung nennt man auch
Implikation.
Diese erschließt sich nicht durch eine Verknüpfungstafel. Sie wird erst im Zusammenhang mit Aussageformen erschließbar. Deshalb fangen wir mit dem Beispiel einer allgmeingültigen Aussage an.
Wenn n durch 6 teilbar ist, dann ist n gerade. |
Diese Aussageform ist
offensichtlich allgemeingültig für n ε
N.
(Dem Wort "
offensichtlich" ist stets mit Mißtrauen zu begenen. Deshalb:
Übung 5: Führe den Beweis der Allgemeingültigkeit!
Lösung
Ersetzt in diese allgemeingültige Aussageform für n natürliche Zahlen ein, so erhalten wir lauter wahre Aussagen.
Wenn 1 durch 6 teilbar ist, dann ist 1 gerade. (w) Nur die Wahrheitswerte betrachtet. "Wenn f, dann f" ist wahr.
Wenn 2 durch 6 teilbar ist, dann ist 1 gerade. (w) Nur die Wahrheitswerte betrachtet. "Wenn f, dann w" ist wahr.
Wenn 3 durch 6 teilbar ist, dann ist 1 gerade. (w) Nur die Wahrheitswerte betrachtet. "Wenn f, dann f" ist wahr.
...
Wenn 10 durch 6 teilbar ist, dann ist 10 gerade. (w) Nur die Wahrheitswerte betrachtet. "Wenn f, dann w" ist wahr.
Wenn 11 durch 6 teilbar ist, dann ist 11 gerade. (w) Nur die Wahrheitswerte betrachtet. "Wenn f, dann f" ist wahr.
Wenn 12 durch 6 teilbar ist, dann ist 12 gerade. (w) Nur die Wahrheitswerte betrachtet. "Wenn w, dann w" ist wahr.
... |
Die
Wenn-Aussage nennt man
Prämisse, die
Dann-Aussage nennt man
Konklusion.
Eine Implikation ("Wenn-Dann-Aussage") ist also immer wahr, wenn die Prämisse ("Wenn-Aussage") falsch ist. Dieser Sachverhalt wird in der Logik bezeichnet als
Ex falso quodlibet, eigentlich
ex falso sequitur quodlibet (lat.
aus Falschem folgt Beliebiges).
Jetzt fehlt noch der Fall, dass die Prämisse ("Wenn-Aussage") wahr und die Konklusion ("Dann-Aussage") falsch ist.
Betrachten wir die Aussageform:
Wenn n gerade ist, dann ist n durch 6 teilbar. |
Diese Aussageform ist nicht allgemeingültig. Setzt man nämlich für n die Zahl 14 ein, so erhält man
Wenn 14 gerade ist, dann ist 14 durch 6 teilbar. |
Diese Aussage ist falsch.
Nur die Wahrheitswerte betrachtet, erhalten wir:
"Wenn w, dann f" ist falsch.
Die Verknüpfunstafel für die Implikation lautet also:
a | b |
Wenn a
dann b |
w |
w |
w |
w |
f |
f |
f |
w |
w |
f |
f |
w |
Übung: Sind die folgenden Aussagen wahr oder falsch?
6 a) Wenn 1+1=2, dann 2+1=3
b) Wenn 1+1=1, dann 2+1=2
c) Wenn 5=9, dann 4=8
7a)Wenn 2+4=9, dann 3*8=16
b) Wenn 2 < 5, dann 9+1=0
c) Wenn Reinhold Messner die
Wurmlinger Kapelle ersteigt, dann verspeist Joachim Mohr einen Besen.