Wir verwenden hier die Schreibweise des Eulerschen Tonnetzes:
...es b f c g d a e h fis ... ist eine Kette von reinen Quinten.
...,es ,b ,f ,c ,g ,d ,a ,e ,h ,fis ... (mit "Tiefkomma" vor dem Tonnamen) ist dieselbe Kette, jedoch jeder
Ton ein syntonisches Komma tiefer. Dann nämlich ist c ,e eine reine Terz und c ,e g ein reiner Durakkord.
Folgendes sind dann reine Durtonarten (Tonika, Subdominante, Dominante bestehen aus reinen großen Terzen und Quinten).
(Man beachte die stets gleiche Notation x x ,x x x ,x,x x.)
...
c d ,e f g ,a ,h c (Rein: c ,e g und f ,a c und g ,h d)
g a ,h c d ,e ,fis g (Rein: g ,h d und c ,e g und d ,fis a)
d e ,fis g a ,h ,cis d (Rein d ,fis a und g ,h d und a ,cis e)
a h ,cis d e ,fis ,gis a (Rein: a ,cis e und d ,fis a und e ,gis h)
e fis ,gis a h ,cis ,dis e (Rein: e ,gis h und a ,cis e und h ,dis fis)
h cis ,dis e fis ,gis ,ais h (Rein: h ,dis fis und e ,gis h und fis ,ais cis)
...
Die dazu parallelen Molltonarten sind: (Tonika, Subdominante, Dominante bestehen aus reinen kleinen Terzen und Quinten).
(Man beachte die stets gleiche Notation ,x ,x x ,x ,x x x ,x)
...
,a ,h c ,d ,e f g ,a (Rein: ,a c ,e und ,d f ,a und ,e g ,h)
Im Vergleich zu C-dur wurde aus d nun ,d)
,e ,fis g ,a ,h c d ,e (Rein: ,e g ,e und ,a c ,e und ,h d ,fis)
Im Vergleich zu G-dur wurde aus a nun ,a)
,h ,cis d ,e ,fis g a ,h (Rein: ,h d ,fis und ,e g ,h und ,fis a ,cis)
m Vergleich zu D-dur wurde aus e nun ,e)
...
Nun betrachten wir die in der Literatur viel diskutierten Takte im "Ruhetal"
von Felix Mendelssohn-Bartholdy (siehe Gratzki).
Die Harmoniefolge ist folgende: Ausgangs- und Schlusstonart ist D-Dur. Von D-Dur geht es über den Fis-Dur-Septakkord (nicht in die parallele Molltonart h-moll sondern) nach H-Dur
und dann wieder zurück zunächst über den E-Dur-Septakkord (eigentlich nach A-Dur) und A-Dur-Septakkord nach D-Dur.
Wenn man keine Vorsichtsmaßnahmen trifft, ergibt diese Harmoniefolge eine Sinken um ein Komma.
Spiele
Wie man sieht und hört, hat hier hat eine "Kommaverückung" stattgefunden. Der letzte ,D-Dur-Akkord ist
im Vergleich zum ersten D-Dur-Akkord ein syntonisches Komma
(oder Terzkomma=21,5 Cent) tiefer.
Wir sehen dies auch an den Frequenzen:
Das Erste d hat 146,67 Hz, das letzte 144,86. Diese ,d ist ein um ein Terzkomma tiefer.
Der Grund ist folgender: Der Ton H unterscheidet sich von von D aus einmal um eine kleine Terz,
das andere Mal um drei Quinten (D,A,E,H).
Man spricht von
Terzverwandtschaft und
Quintverwandtschaft
Und: Ein Ton, der einmal über die Terzverwandtschaft, das andere Mal über die
Quintverwandtschaft erreicht wird, unterscheidet sich um ein Terzkomma.
Anders betrachtet:
,h-Moll ist terzverwandt mit D-Dur und auch ,H-Dur ist Terzverwandt mit D-Dur
H-Dur ist quintverwandt mit D-Dur
Vergleichen wir dazu die Modulation in die Paralleltonart und zurück:
Akkord Frequenzen Fr.-Verhältnisse
d a ,fis 146,67 220 366,67 3/2 5/3 1/1
,cis ,,ais ,e ,fis 137,5 229,17 325,93 366,67 5/3 64/45 9/8
,h ,h ,,dis ,fis 122,22 244,44 293,33 366,67 2/1 6/5 5/4
a g ,ci e 110 195,56 275 330 16/9 45/32 6/5
d a d ,fis 146,67 220 293,33 366,67 3/2 4/3 5/4
Hier handelt es sich um die Modulation von D-Dur in die Paralleltonart ,h-moll
und zurück. Und: Hier ist alles in Ordnung (keine Kommaverrückung!).
Die Modulation von D-Dur eine Terz tiefer zu ,h-moll ist die erste Stufe einer
Modulation in Richtung Subdominante G-dur.
Die Frequenzen der Tonleiter ändern sich folgendermaßen:
D-Dur:d e ,fis g a ,h ,cis d
,h-Moll: ,h ,cis d ,e ,fis g a ,h
Die Rückmodulation über die Dominante ist der übliche Weg.
Im ersten Beispiel erklingt nicht ein ,h-moll-Akkord, sondern ein ,H-Dur-Akkord
und die Rückmodulation erfolgt über die Quintenkette H E A D, so
als sei nach H-Dur in dominantischer Richtung D A H
moduliert worden. Daher die Kommaverschiebung: Eine in subdominatischer Richtung
erreichte Tonart wird so behandelt als sei sie in dominantischer Richtung erreicht worden.
Kurz ausgedrückt: Die Modulation Dur in die gleiche Tonart Moll (oder umgekehrt)
und zurück über eine Quintenreihe führt unweigerlich zu einer Kommaverschiebung.
D-Dur: d e ,fis g a ,h ,cis d
,h-moll: ,h ,cis d ,e ,fis g a ,h (Terzverwandschaft)
,H-Dur: ,h ,cis ,,dis ,e ,fis ,,gis ,,ais ,h (Aus einer Moll-Terz wird eine Dur-Terz)
Zurück über Quintenkette
,E-Dur: ,e ,fis ,,gis ,a ,h ,,cis ,,dis ,e
,A-Dur: ,a ,h ,,cis ,d ,e ,,fis ,,gis ,a
,D-Dur: ,d ,e ,,fis ,g ,a ,,h ,,cis ,d
Bettina Gratzki schlägt zur Vermeidung der Kommaverrückung des Eingangbeispiels vor, den zweiten
Fis-Dur-Septimakkord ein Komma höher zu intonieren, so als wäre dieser Akkord der
H-Dur-Tonleiter über die Quintfolge D-Dur nach A-Dur nach E-Dur und schließlich nach H-Dur erfolgt.
Vergleichen Sie mit dem ersten Beispiel und achten Sie auf die Erhöhung von Fis
im zweiten Akkord um ein Komma, das die Modulation in dominantischer Richtung unterstreicht.
Akkord Frequenzen Fr.-Verhältnisse
d a ,fis 146,7 220 366,7 3/2 5/3
cis ,ais e fis 139,2 232,0 330 371,3 5/3 64/45 9/8
h h ,dis fis 123,8 247,5 309,4 371,3 2/1 5/4 6/5
,gis e d h 103,1 165 293,3 495 8/5 16/9 27/16
a e d e 110 165 293,3 330 3/2 16/9 9/8
a g ,cis e 110 198 275 330 9/5 25/18 6/5
d ,fis a d 146,7 183,3 220 293,3 5/4 6/5 4/3
Denkbar und (nach Friedhelm Waitzmann) wohl besser singbar wäre auch folgende Variation:
Der 4. Akkord wird als Doppeldominante zur D-Dur-Tonika intoniert.