Joachim Mohr Mathematik Musik
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Stochastik Axiomatisch
Zufallsexperimente
Definition: Sie Ω eine Menge (gennant
Ergebnismenge).
Jede Teilmenge A von Ω heißt
Ereignis (A⊆Ω).
Jedes Element ω von Ω heißt Elementarereignis (ω∈Ω).
Eine Abbildung P von der Potenzmenge Π(Ω) von Ω in das Intervall [0,1] heißt
Wahrscheinlichkeitsmaß (oder Wahrscheinlichkeitsverteilung),
wenn folgende Axiomde gelten:
- P(Ω)=1 ("P ist normiert")
- P(A)≥0 für alle A⊆Ω (P(A) heißt: die "Wahrscheinlichkeit von A")
- P(A∪B)=P(A)+P(B) für alle A,B⊆Ω mit A∩B=Ø ("P ist additiv")
Das Paar (Ω,P) heißt
Wahrscheinlichkeitsraum und
X: ω→P(ω) (ω∈Ω,P(ω)∈[0;1]) heißt
Wahrscheinlichkeitsfunktion.
Folgerungen:
- P(Ø)=0
- A⊆B ⇒ P(A)≤P(B)
- P(A\B)=P(A)-P(A∩B)
n n
P(∪ A ) ≤ Σ P(A )
i=1 i i=1 i
n n
P(∪ A ) = Σ P(A ), falls alle A , A , ... , A paarweise disjunkt
i=1 i i=1 i 1 2 n
P(A) = Σ P(ω)
ω∈A
Definition: |A| bezeichnet die Anzahl der Elemente von A.
Gilt nun für alle ω∈Ω die gleiche Wahrscheinlichkeit P(ω)=
1/
|Ω|, so heißt (Ω,P)
Lapacescher Wahrscheinlichkeitsraum.
Es ist dann P(A)=
|A|/
|Ω|
Beispiel 1: Zwei Würfel werden geworfen.
Ω={11 12 13 14 15 16 21 22 23 24 25 26 31 32 33 34 35 36 41 42 43 44 45 46 51 52 53 54 55 56 61 62 63 64 65 66}
Jedes Elementarereignis ω habe die gleiche Wahrscheinlichket: P(ω)=1/36. Also: Laplace-Experiment
Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Augensumme 5 ist?
Lösung: A={14 23 32 41} ⇒P(A)=4/36=1/9∎
Beispiel 2: Zwei Würfel werden solange geworfen, bis eine Doppelsechs erscheint. Im folgenden "1" für Doppelsechs und "0" sonst.
Die Ergebnismenge ist Ω={1 01 001 0001 00001 ...}. Zum Beispiel bedeutet 0001: Erst im 4 Wurf eine Doppelsechs.
P(1)=1/36, P(01)=35/36·1/36,
P(001)=35/3635/36·1/36, ... Also: Nicht Laplace-Experiment
Chevalier de Mére stellte 1654 Blaise Pascal folgende Frage: Ist die Wahrscheinlichkeit für mindestens eine Doppelsechs beim 24-maligen Werfen zweier Würfel größer oder kleiner als 50%?
Lösung: P(1)+P(01)+P(001)+...+P(000...000(23 Nullen)1)=1/36+35/36·1/36+
35/3635/36·1/36+...
+35/3635/36·...·1/36=49,14%.
Wirft man die zwei Würfel 25 mal, ist die Wahrscheinlichkeit für eine Doppelsechs 50,55% ∎
Die Vierfeldertafel
| A | A | Gesamt |
B | P(A∩B) | P(A∩B) | P(B) |
B | P(A∩B) |
P(A∩B) |
P(B) |
Gesamt | P(A) | P(A) | 1 |
Seinen A und B Ereignisse (A,B⊆Ω)
und
A und
B die Gegenereignisse, so gilt:
P(A)=P(A∩B)+P(A∩
B) und
P(
A)=P(
A∩B)
+P(
A∩
B)
P(B)=P(A∩B)+P(
A∩B) und
P(
B)=P(A∩
B)
+P(
A∩
B) sowie
P(A)+P(
A)=1=100% und P(B)+P(
B)=1=100%
Beispiel:
16 Schüler und 14 Schülerinnen einer Schulklasse nehmen an einem Mathematik-Test teil. Insgesamt bestehen 21 den Test, davon 10 Schüler.
Folgerung: Die Klasse besteht aus 30 Schüler und Schülerinnen, 11 Schülerinnen bestehen den Test.
| Schüler|Schülerinnen| | |Schüler|Schülerinnen| |
—————————————————————————————————————————— ——————————————————————————————————————————
bestanden | 10/30 | 11/30 |21/30| bestanden | 33% | 37% | 70% |
—————————————————————————————————————————— ——————————————————————————————————————————
durchgefallen| 6/30 | 3/30 | 9/30| durchgefallen| 20% | 10% | 30% |
—————————————————————————————————————————— ——————————————————————————————————————————
Gesamt | 16/30 | 14/30 |30/30| Gesamt | 53% | 47% | 100%|
Urnenmodelle
In einer Urne befinden sich N Kugeln, die mit 1,2,3,... nummeriert werden. Sukzessiv oder mit einem Griff werden insgesamt n Kugeln gezogen (z.B. N=40 und n=5).
Im folgenden sei G={1,2,...,40}.
Stichprobe in Reihenfolge mit Zurücklegen
Ω={(ω
1,ω
2,ω
3,ω
4,ω
5)|ω
1,...,ω
5∈G} = G
5, |Ω|=40
5.
Aufgabe: 10 Kugeln sind rot, 30 Kugeln sind blau. 5 Kugeln werden mit Zurücklegen gezogen. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass die ersten zwei gezogenen Kugeln rot, die übrigen blau sind.
Lösung: A={(ω1,ω2,ω3,ω4,ω5)
|ω1 rot,ω2 rot, ω3 blau, ω4 blau, ω5 blau},
|A|=102·303, P(A)=102·303/405=2,64%
Stichprobe in Reihenfolge ohne Zurücklegen
Ω={(ω
1,ω
2,ω
3,ω
4,ω
5)|
ω
1,...,ω
5∈G,
ω
2≠ω
1,ω
3≠ω
1,ω
3≠ω
2,...,ω
5≠ω
4},
|Ω|=40·39·38·37·36.
Aufgabe: 10 Kugeln sind rot, 30 Kugeln sind blau. 5 Kugeln werden ohne Zurücklegen gezogen. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass die ersten zwei gezogenen Kugeln rot, die übrigen blau sind.
Lösung: A={(ω
1,ω
2,ω
3,ω
4,ω
5)
|ω
1 rot,ω
2 rot, ω
3 blau, ω
4 blau, ω
5 blau,
ω
2≠ω
1,ω
3≠ω
1,ω
3≠ω
2,...,ω
5≠ω
4},
10·9·30·29·28
|A|=10·9·30·29·28, P(A) = —————————————— = 2,78%
40·39·38·37·36
Stichprobe ohne Reihenfolge ohne Zurücklegen / mit einem Griff
Jede Stichprobe ist dadurch beschrieben, dass man angibt, welche Kugeln darin vorkommen.
Ω={ {ω
1,ω
2,ω
3,ω
4,ω
5}|ω
1,...,ω
5∈G|
ω
i≠ω
j für i≠j}. Die Elemente von Ω sind alle Teilmengen mit 5 Elementen.
40·39·38·37·36 40 N·(N-1)·(N-2)·...·(N-n+1) N
|Ω|=—————————————— = ( ), allgemein |Ω|=—————————————————————————=( )
1·2·3·4·5 5 n! n
Beispiel: Im Lotto werden 6 numerierte Kugeln aus 49 gezogen. Die Reihenfolge ist egal.
Die Elemente von Ω sind alle Teilmengen mit 6 Elementen.
49 49·48·47·46·45·44
|Ω|=( ) = ————————————————— = 13 983 816 (rund 14 Millionen)
6 1·2·3·4·5·6
49
( )
6
Für "4 Richtige" gibt es ——————— = 1032,4 Möglichkeiten. p(4 Richtige)=0,097%
6 43
( )( )
4 2
Die hypergeometrische Verteilung
In einer Urne befinden sich S (z.B. S=4) schwarze und W (z.B. W=28) weiße Kugeln. Es werden n (z.B. n=10) Kugeln ohne Zurücklegen gezogen. Die
Wahrscheinlichkeit, das genau s (z.B. s=3) schwarze und w=n-s (z.B. w=7) weiße Kugeln gezogen werden ist:
4 28 S W
( )( ) ( )( )
3 7 66 s w
h=——————— = ——— = 7,34%, allgemein h(s;n,N,S)=—————— (n=s+w)
32 899 S+W
( ) ( )
10 s+w
Beispiel: Beim Skat (32 Karten, 4 Asse) erhält jeder der 3 Spieler n=10 Karten. Die Wahrscheinlichkeit, dass Spieler Ulrich s=3 Asse bekommt ist 7,34% (s.o.).
Die Wahrscheinlichkeit, dass einer der drei Spieler 3 Asse bekommt ist 3·7,34%=22,02%.
Bedingte Wahrscheinlichkeit
P(A∩B)
Die bedingte Wahrschinlichkeit von A, wenn B eintritt, ist P(A|B)=—————— (*)
P(B)
Beispiel: In einer Urne sind Kugel 1 und Kugel 2 weiß, die Kugeln 3, 4 und 5 schwarz.
Es werden ohne Rücklegen zwei Kugeln gezogen.
B: Die erste gezogene Kugel ist weiß.
A: Die zweite gezogene Kugel ist schwarz.
Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit P(A|B), dass die zweite Kugel schwarz ist (A) unter der Vorraussezung, dass die erste Kugel weiß ist (A)?
Lösung:
B={12 13 14 15 21 23 24 25}
A∩B={13 14 15 23 24 25}
⇒P(A|B)=P(A∩B)/P(B)=6/8=3/4
Ist eigentlich klar. Wenn die erste Kugel weiß gezogen ist, bleiben übrig: 4 Kugeln (1 weiß und 3 schwarz). Die Wahrscheinlichkeit dass dann die zweite Kugel schwarz ist, ist dann 3/4.
Aus (*) folgt P(A∩B)=P(B)·P(A|B). Das kann man veralgemeinern:
P(A∩B∩C)=P(A)·P(B|A)·P(C|A∩B)
P(A∩B∩C∩D)=P(A)·P(B|A)·P(C|A∩B)·P(D|A∩B∩C)
...
Beispiel: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass beim Skat jeder Spieler genau ein Ass hat.
Lösung: Beim Skat bekommt jeder Spieler von den 32 Karten 10 Karten. Es gibt 4 Asse.
Sei A: Spieler 1 hat ein Ass, B: Spieler 2 hat ein Ass und C: Spieler 3 hat ein Ass.
Die gesuchte Wahrscheinlichkeit ist P(A∩B∩C)=P(A)·P(B|A)·P(C|A∩B)=50/899=5,56%
4 28 32 3 19 22 2 10 12
Rechnung: P(A)=( )·( )/( ), P(B|A)=( )·( )/( ) und P(C|A∩B)=( )·( )/( )
1 9 10 1 9 10 1 9 10
also P(A)=4·6906900/64512240=385/899
P(B|A)=3·92378/646646=3/7
P(C|A∩B)=2·10/66=10/33
Formel von der totalen Wahrscheinlichkeit
{B1,B2} heißt Zerlegung von Ω, wenn B1∪B2=Ω und B1∩B2=Ø.
{B1,B2,B3} heißt Zerlegung von Ω, wenn B1∪B2∪B3=Ω, B1∩B2=Ø, B1∩B3=Ø und B2∩B3=Ø.
usw.
Für jedes Ereignis A gilt:
{B1,B2} eine Zerlegung von Ω ⇒ P(A)=P(B1)·P(A|B1)+P(B2)·P(A|B2)
{B1,B2,B3} eine Zerlegung von Ω ⇒ P(A)=P(B1)·P(A|B1)+P(B2)·P(A|B2)+P(B3)·P(A|B3)
usw.
Beispiel: In einer Urne befinden sich 2 weiße und 3 schwarze Kugeln.
Es werden 2 Kugeln ohne Zurücklegen gezogen. A sei das Ereignis, dass die zwei gezogenen Kugeln die gleiche Farbe haben.
Lösung: P(A)=P(erste Kugel weiß)·P(A|erste Kugel weiß)+P(erste Kugel schwarz)·P(A|erste Kugel schwarz)=2/5·1/4+3/5·2/4=2/5=40%.