Joachim Mohr Mathematik Musik
Trigonometrie ohne trigonometrische Funktionen
Oder: Eigentlich hätten unsere Vorfahren bei Vermessungen auf die aufwendigen
trigonometrische Tafen verzichten können.
Oder: Hätten die alten Griechen den Winkel mit einem andern Maß gemessen, wäre die
Dreiteilung eines Winkels nie ein Problem gewesen.
Am 11.01.2007 erläuterte Prof. Dr. Frank Loose, Tübingen,
die "Divine Proportions" von N. Wildberger.
Für den Ersatz für den Abstand d und den Winkels α wird mit der
Quadranz Q = d
2 und
der
Spreizung s = sin
2(α) gerechnet. Wildberger entwickelt daraus eine "rationale
Trigonometrie".
Die trigonometrischen Größen lassen sich dann ganz ohne die transzendent Funktionen
sin, cos, tan, arcsin, arccos und arctan berechnen.
Dieser Beitrag verwendet die Ideen von Wildberger mit klassischen Bezeichnungen.
Das Ziel ist, alle berechneten Größen durch die Ausgangsgrößen mit Hilfe der
Grundrechenarten und der Quadratwurzel darzustellen.
Auf die Begriffe Quadranz und Spreizung wird hierbei verzichtet.
Es ist jedoch offenkundig, dass mit den Quadratwurzeln dieser Größe gerechnet wird.
Wozu soll das gut sein? Dazu möchte ich zwei Argumente vorbringen.
1. Jedem Hochschullehrer fällt es in Anfängervorlesungen schwer, die trigonometrischen
Funktionen einzuführen. Manche definieren die Sinusfunktion gleich durch eine Reihe.
Und das Bogenmaß über die Länge einer rektifizierbaren Kurve zu definieren ist
auch nicht gerade trivial.
2. In der Vermessungslehre auf Grundlage der ebenen Trigonometrie mußten
unsere Vorfahren mit ausgefeilten Tabellenwerten arbeiten.
Hier soll gezeigt werden: Es geht auch elementarer. Die Grunrechenarten und das
Ziehen der Quadratwurzel genügt.
Hinweis: Dies ist nur ein Entwurf. Es fehlen insbesondere
noch die Vorzeichenregeln, wenn man auch stumpfe Winkel zuläßt.
Grundgrößen
Wir gehen davon aus, dass wir in unserer Ebene alles mit Zirkel und Lineal konstruieren
können. Die
Länge d von Strecken kann als reelle Zahl gemessen werden. Rechte Winkel
können konstruiert werden. Wir beschränken uns hier auf die Innenwinkel von Dreiecken.
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Da wir auf trigonometrische Funktionen und Ihre Umkehrfunktionen verzichten wollen,
wird der "Winkel" zweier Halbgeraden durch das Maß s (s wie "Sinus") gekennzeichnet.
s entspricht dem Sinus.
Zu jedem Winkel muß noch vermerkt werden, ob er spitz oder stumpf ist.
Die Messung kann man der Zeichnung entnehmen: Man fällt das Lot von einem Punkt des
zweiten Strahls auf den ersten und berechnet "Gegenkathete" dividiert durch "Hypotenuse".
Liegt der Schnittpunkt des Lotes auf dem ersten Strahl handelt es sich um einen
spitzen Winkel, im anderen Fall (der Schnittpunkt liegt auf der Verlängerung des Strahls
in die andere Richtung) heißt der Winkel stumpf.
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Beispiele
Regeln für Berechnungen
Wir wollen nun ebene Trigonometrie betreiben, wie sie seit Jahrtausenden in der
Vermessungslehre betrieben wurde und zeigen: Es geht auch ohne trigonometrische
Funktionen. Man hätte also - vor dem Taschenrechner- oder Computerzeitalter - auf trigonometrische
Tafeln vollständig verzichten können.
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Satz de Pythagoras
—— —— ——
Für a=BC, b=AC und c=AB gilt:
2 2 2
Dreieck rechtwinklig bei C <=> a + b = c
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Sinussatz
sa sb
—— = ——
a b
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Kosinussatz
———————
2 2 2 / 2
c = a + b - 2·a·b·cc, wobei cc = ± \/ 1 - sc ,
wobei hier "+" beim spitzen Winkel sc
und "-" beim stumpfen Winkel sc gilt.
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Winkelberechnungssatz
Wenn zwei Winkel gegeben sind, kann der dritte
wie beim Winkelsummensatz berechnet werden.
2 2
sc = sa·sqrt(1-sb ) + sb*sqrt(1-sa )
(Dank an Almut Eisenträger für die Herleitung
der Formel in de.sci.mathematik)
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Beispiel für eine trigonometrische Berechnung ohne trigonometrische Funktionen.
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Im Dreieck ABC mit a=6, b=8 und c=7 wird an AB in B ein Winkel
angelegt, wie ihn im Quadrat die Diagonale mit einer Seite bildet, (klassisch: eine Winkel von von 45°).
Der freie Schenkel dieses Winkels schneidet AC in D.
Es soll die Länge von BD berechnet
werden.
Bei der Klassischen Lösung wird der Kosinussatz
zur Berechnung des Winkels α verwendet ...
2 2 2
a = b + c - 2bc·cos(α)
2 2 2
b +c -a) 11
=> cos(α) = ———————— = —— => α = 46,567° (transzendent)
2*b*c 16
... und der Winkelsummensatz α + δ + 45° = 180°
=> δ=180° - 45° - α = 88,433° (transzendent)
... sowie der Sinussatz zur Berechnung von d:
d c
————— = —————— => d = 5,08519 (transzendent ???)
sin(α) sin(δ)
(Angabe exakt nicht möglich)
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Rechnung ohne trigonometrische Funktionen
Es werden die Größen sa, sb, sd, ca, cb und cd verwendet.
Zum besseren Verständnis der Hinweis:
sa=sin(α), sb=sin(45°) und sd=sin(δ).
ca=cos(α), cb=cos(45°) und cd=cos(δ).
Nach dem Kosinussatz ist:
2 2 2 11 2 135 2 2
a = b + c - 2bc·ca => ca = —— und sa = ———, da sa + sb = 1.
16 256
Nach dem Winkelberechnungssatz kann nun sd berechnet werden:
sd = sa·sqrt(1-sb^2) + sb·sqrt(1-sa^2)
mit sa = 3/16·sqrt(15) und sb = 1/2·sqrt(2) folgt sd = 3/32·sqrt(30)+11/32·sqrt(2)
und schließlich nach dem Sinussatz:
sa 7*sqrt(135)/16 14*sqrt(135) 135 33
d=c·—— = ——————————————————————————— = ————————————————————— = ———sqrt(2) - ——sqrt(30)
sd 3/32*sqrt(30)+11/32*sqrt(2) 3*sqrt(30)+11*sqrt(2) 2 2
also d ist algebraisch und
nicht transzendent.