Joachim Mohr   Mathematik Musik Delphi

Wenn hier vom "Hören her" gesprochen wird,
ist gemeint, dass ein Lehrer seinem Schüler
ohne Bezug auf Frequenzverhältnisse lehren kann,
was eine Oktave, eine Quinte, eine große Terz usw. ist.

Dieser Artikel beschreibt Tonsysteme ohne Bezug auf Frequenzen oder Frequenzverhältnisse.

Tonsystem, mathematsch beschrieben

Ein Tonsystem besteht aus einer Menge von Tönen und einer Menge von Intervallen, die folgende Bedingung erfüllen.
Sind A und B zwei Töne, so bestimmen sie eindeutig ein Intervall i.
Wir schreiben dafür: i=AB (A "Grundton", B "Endton").
Ist umgkehrt der Grundton A und das Intervall i bekannt, so ist durch i=AB der Endton B eindeutig bestimmt.
Wir schreiben dafür B=A+i. (B Ton, i Intervall)
Intervalle kann man nach folgender Vorschrift addieren:
Ist i=AB und j=BC, dann sei i+j = AC.
Schließlich kann man Intervalle vergleichen.
Wir schreiben i j ("i kleiner als j") wenn der Endton von j höher als der Endton von i bei gleichem Grundton ist.
Für die Addition von Intervallen gelten die üblichen mathematischen Regelne (Kommutativgesetz usw.). Genauer: Der Intervallraum bildet eine archimedisch geordnete kommutativ Gruppe. Den Intervallgrößen können reelle Zahlen eindeutig zugeordnet werden. (Zum Beispiel können Intervalle als Vielfache der Oktave dargestellt werden.)
Wir versuchen im Folgendem, die Struktur des Intervallraumes ohne Bezug auf Frequenverhältnisse zu beschreiben. (Allerdings wissen wir, dass sich die Frequenzen exponentiell zu den Intervallen verhalten und dies benutzen wir). Wir ordnen der Oktave Ok die Zahl 2 zu und ihren Vielfachen Potenzen von 2.
1Ok → 2
2 Ok → 4
3 Ok → 8
4 Ok → 16
...
x Ok → 2x
Der Quinte Q ordnen wir die Zahl q zu und versuchen, dieses q vom Hören her zu ermitteln.
1 Q → q
2 Q → q2
3 Q → q3
4 Q → q4
...
Wir setzen nun voraus, dass die zugeordneten Werte der Ordnung der Intervalle entsprechen. (Mathematisch gesprochen: Die Zuordnung ist monoton).
Wir betrachten nun den Quintenzirkel c g d' a' e'' h'' fis''' cis'''' usw. und ordnen die Quinten zwischen die Oktaven.
d' höher als c'. Also 2 Q > 1 Ok, also q2 > 2.
e'' höher als c''. Also 4 Q > 2 Ok, also q4 > 4.
fis''' höher als c'''. Also 6 Q > 3 Ok, also q6 > 8.
cis'''' höher als c''''. Also
fis''' höher als c'''. Also 6 Q > 3 Ok, also q6 > 8.
usw
Bekannt ist (siehe pythagoreisches Komma) 12 Q > 7 Ok, also q12 > 27. (Dies kann man noch durch Hören nachprüfen.) Dies ist sogar eine gute Näherung: q12 ≈ 27. Daraus folgt: q ≈ 27/12≈1,493. Wik können somit vermuten: Der genaue Wert dürfte sein q=1.5.
Daraus können wir berechnen, welcher Teil der Oktave die Quinte ist, nämlich:
Aus Q = x Ok → 2x = 1,5 folgt x = log2(1,5) = 0,5850. Unterteilen wir die Oktave noch in 12 Halbtöne und diese in 100 Cent, also Ok = 1200 Cent, so eribt sich:
Q = 0,5850 Ok = 702 Cent.
Q = 702 Cent. Exakt q= log2(1,5) Ok = 1200•log2(1,5) Cent = 701,955 Cent.
Dieses Ergebnis kann man ohne Akustik, rein vom Hören her erhalten ... unter der Annahme, dass q ein einfacher Bruch ist.
Nun versuchen wir dieselbe Überlegung für die große Terz. gT=x•Ok. Drei gT ergeben ungefähr 1 Oktave. Daraus folgt: q3=2, also q=21/3 ≈ 1,25 und damit x=log2(1,25), also gT=1200•log2(1,25) = 386 Cent.
gT = 386 Cent. Exakt q= log2(1,25) Ok = 1200•log2(1,25) Cent = 386,3137 Cent.
Dieses Ergebnis kann man ohne Akustik, rein vom Hören her erhalten ... unter der Annahme, dass q ein einfacher Bruch ist.