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Nachruf Dieter Planck (*14. August 1944, † 1. Juli 2025)

Am 1. Juli 2025 ist Prof. Dr. Dieter Planck nach langer Krankheit verstorben. Planck wuchs in Rottenburg a.N., dem römischen Sumelocenna auf, wo er schon während der Kindheit ein reges Interesse an der Archäologie und insbesondere an den Hinterlassenschaften der römischen Antike entwickelte. Nach dem Abitur studierte er Ur- und Frühgeschichte, Alte Geschichte, Klassische Archäologie und Provinzialrömische Archäologie an den Universitäten Tübingen und München, u.a. bei Wolfgang Kimmig, Joachim Werner und Günther Ulbert. Noch als Student verfasste er seine ersten wissenschaftlichen Aufsätze zu römischen Neufunden aus seiner Heimatstadt Rottenburg, gleichzeitig führte er in Rottweil Ausgrabungen für das damalige Staatliche Amt für Denkmalpflege in Tübingen durch. Darauf aufbauend widmete er seine 1970 in Tübingen angenommene Dissertation der Auswertung der großen Rottweiler Flächengrabungen. Als am 1. Januar 1972 das Landesdenkmalamt Baden-Württemberg gegründet wurde, wurde Dieter Planck als Referent fest eingestellt. Das neue Amt bot ihm in dieser Aufbruchsstimmung zahlreiche Möglichkeiten: In seinen ersten Jahren als Konservator führte er in bedeutenden römischen Fundstätten zahlreiche Forschungs-und Rettungsgrabungen durch, u.a. in Rainau-Buch bzw. Dalkingen, in den Kastellen von Welzheim, im römischen Gutshof von Bondorf oder im vicus von Walheim. Schon damals wurde deutlich, wie breit Planck wissenschaftlich und auch organisatorisch-denkmalpflegerisch aufgestellt war. So verdankt ihm die Eisenzeitforschung z.B. die bedeutenden und aufsehenerregenden Entdeckungen aus der spätkeltischen Vierreckschanze von Fellbach-Schmieden mit ihren berühmten, figürlichen Holzfunden. Wichtige wissenschaftliche Ergebnisse lieferten auch seine Ausgrabungen in der frühalamannischen Siedlung von Sontheim.

1979 übernahm Dieter Planck die Leitung der Abteilung Archäologie des Landesdenkmalamtes und wurde somit Landesarchäologe von Baden-Württemberg. Mit der ihm eigenen Tat- und Schaffenskraft nutzte er die Möglichkeiten seiner neuen Stellung ebenso konsequent wie effizient, um die Archäologische Denkmalpflege des Landes zu modernisieren. Zusätzlichen Rückenwind lieferte ihm dabei die sensationelle Entdeckung des Hochdorfer Fürstengrabes, das zwischen 1977 und 1979 unter Leitung seines Studienfreundes und Kollegen Jörg Biel ausgegraben wurde. Dieser aufsehenerregende Jahrhundertfund weckte national als auch international ein enormes öffentliches bzw. mediales Interesse an der Landesarchäologie. In dieser Situation gelang es Planck, Sonder- und Drittmittel für denkmalpflegerische Projekte einzuwerben und die Einrichtung zusätzlicher Planstellen zu erreichen. Im Laufe der 1980-Jahre baute er eine schlagkräftige Archäologische Denkmalpflege mit Naturwissenschaften (Archäozoologie, Anthropologie, Botanik) und anderen Spezialdisziplinen (u.a. Geophysik, Luftbildarchäologie) auf, die innerhalb der alten Bundesrepublik zeitweise eine Vorbildfunktion besaß. Plancks Konzeption sah dabei von Anfang an eine Schwerpunktbildung nach wissenschaftlichen Kriterien vor. Neben den Schwerpunkten der provinzialrömischen Archäologie in Rottweil und Ladenburg, etablierte er in Kooperation mit Judith Oexle neue Schwerpunkte der Mittelalterarchäologie in Konstanz und Ulm. Richtungsweisend und vorbildlich war zudem sein Engagement für die Bewahrung und Erforschung der durch Torfabbau, Trockenlegungen und Ufererosion bedrohten Feuchtboden- und Seeufersiedlungen Oberschwabens und der Bodenseeregion. Hier gelang ihm zusammen mit Helmuth Schlichtherle die erfolgreiche Beantragung eines Schwerpunktprogramms bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft, das zwischen 1983 und 1993 gefördert wurde und schließlich zur dauerhaften Etablierung der Arbeitsstelle für Feuchtboden- und Unterwasserarchäologie in Gaienhofen-Hemmenhofen führte.

Wieviel Dieter Planck in seinen ersten Jahren als Landesarchäologe verändern und bewegen konnte, lässt sich am Beispiel der Großen Landesausstellung „Der Keltenfürst von Hochdorf. Methoden und Ergebnisse der Landesarchäologie“ veranschaulichen, die 1985 in Stuttgart mit überwältigendem Erfolg und Rekordbesucherzahlen präsentiert wurde. Im Rahmen dieses Ausstellungsprojektes, das auch bei den politischen Entscheidungsträgern im Land überaus positiv aufgenommen wurde, wurde die Konzeption zur Einrichtung eines eigenen, landesweit zuständigen Archäologischen Landesmuseums Baden-Württemberg entwickelt. Zu dessen Gründungsdirektor wurde er 1992 ernannt.

Eines der Hauptanliegen Dieter Plancks war es, die ihn Zeit seines Lebens faszinierenden Ergebnisse und Methoden der Landesarchäologie einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln und dadurch den gesellschaftlichen Rückhalt für die denkmalpflegerische Arbeit zu stärken. In diesem Sinn ist auch sein leidenschaftliches ehrenamtliches Engagement in der Gesellschaft für Archäologie Württemberg und Hohenzollern zu verstehen, deren Vorsitzender er von 1989 bis 2014 war. Mit sicherem Gespür für öffentlichkeitswirksame Formate konzipierte er Anfang der 1980er Jahre das Jahrbuch „Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg“, das Vorbildfunktion für viele andere Bundesländer entfaltete.

1994 trat er die Nachfolge von August Gebessler als Präsident des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg an. Damit war er der erste Archäologe in Deutschland, der die gesamte Denkmalpflege eines Bundeslandes leitete. Von Anfang an nahm er sich dem für ihn neuen Aufgabenfeld der Baudenkmalpflege mit großem Respekt an. Dabei stützte er sich auf die fachliche Kompetenz seiner Abteilungsleitungen, setzte jedoch deutliche eigene Akzente. Ihm war es ein großes Anliegen, die beiden Fachabteilungen Archäologie und Baudenkmalpflege in einem Amt nicht nur formal sondern auch inhaltlich zusammenzubinden. Bundesweit erregte er dabei Aufsehen in der Fachcommunity, als er 2007 die Jahrestagung der Vereinigung der Denkmalfachämter in den Ländern gemeinsam mit dem Verband der Landesarchäologen ausrichtete. Bis heute war es das einzige Mal, dass sich die beiden großen Fachverbände dem gemeinsamen Diskurs stellten. Auch die Denkmaltopographie – bis dahin ein Werk ausschließlich der bundesdeutschen Baudenkmalpflege - bekam in Baden-Württemberg einen neuen Anstrich. Gleichberechtigt wurden alle bekannten archäologischen Denkmale in die Darstellung aufgenommen. Unter der Präsidentschaft von Prof. Planck erschienen neben zahlreichen weiteren Werken auch die großen Forschungspublikationen zu baden-württembergischen Klöstern.

Fachliche Vertiefungen lagen ihm stets am Herzen. So erwirkte er die Einrichtung fachlicher Spezialgebiete, die Fachreferentenstellen für technische und für bewegliche Denkmale. Auch zwei große Erfassungprojekte wurden in seiner Amtszeit initiiert und durchgeführt. Zum einen hat er das bundesweit einzigartige Ehrenamtsprojekt zur Erfassung von Kleindenkmalen im Amt verankert und stets aufmerksam begleitet. Viel beachtet war auch die systematische Erfassung sämtlicher jüdischer Grabinschriften in Baden-Württemberg – eine in dieser Vollständigkeit bis heute bundesweit einmalige Dokumentation.

Zwei Ereignisse überschatteten seine sehr erfolgreiche Präsidentschaft. Zum einen die Kündigung des repräsentativen Dienstsitzes an der Stuttgarter Karlshöhe und die erfolglose Suche nach einem neuen Standort für das Gesamtamt innerhalb der Landeshauptstadt. Am Ende bot die Stadt Esslingen mit dem ehemaligen Schelztorgymnasium eine qualitätvolle Alternative. Einschneidender waren die Folgen der baden-württembergischen Verwaltungsstrukturreform, in deren Strudel auch die Denkmalpflege geriet. Für Planck stellte die Auflösung des Landesdenkmalamts im Jahr 2004 wohl einen seiner schmerzlichsten beruflichen Einschnitte dar. Die daraus resultierenden segmentären Strukturen forderten zahlreiche zusätzliche Abstimmungen und Besprechungen. Planck setzte sich in den Folgejahren intensiv für die Aufrechterhaltung einer landesweit einheitlich agierenden fachlichen Denkmalpflege ein. Erst 2015 gelang es, die Reform zumindest teilweise rückgängig zu machen. Auch aus dem Ruhestand entfaltetet Dieter Planck eine bewundernswerte Schaffenskraft. So initiierte er 2010 die wichtige Gründung der „Förderstiftung Archäologie in Baden-Württemberg“, deren Vorsitzender er bis 2014 war.

Auf nationaler Ebene ist Dieter Planck vor allem durch sein Engagement für den Verband der Landesarchäologien, dessen Vorsitzender er von1988 bis 2003 war, prominent in Erscheinung getreten. Auch in dieser Position lag ihm besonders die Öffentlichkeitsarbeit am Herzen. Für den Verband der Landesarchäologien hob er 1984 gemeinsam mit Hugo Borger, Joachim Reichstein und Renate Eichholz die Zeitschrift „Archäologie in Deutschland“ aus der Taufe. Auch nach seinem 2009 erfolgten Wechsel in den Ruhestand blieb er „seiner“ AiD als Mitherausgeber noch bis 2020 aktiv verbunden.

Mit Dieter Planck verliert die Denkmalpflege in Deutschland einen ihrer tatkräftigsten Vertreter, der die Landesarchäologie in den zurückliegenden vier Jahrzehnten entscheidend mitbestimmt und die Idee einer gesamtheitlichen Denkmalpflege aus Archäologie und Baudenkmalpflege nachhaltig geprägt hat.

Prof. Dr. Dirk Krausse, Prof. Dr. Ulrike Plate und Prof. Dr. Claus Wolf