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Kilchberg grüßt Kilchberg

Ein Beitrag für die Tübinger Blätter 2006 von Hans Bosshard, Kilchberg/Zürich

Über 50 Jahre ist die Partnerschaft zwischen Kilchberg/Schweiz und Kilchberg/Tübingen lebendig geblieben

Die zwei Gemeinden - damals beide selbstständige Dörfer mit eigenständigem Ortsbild und eigener Verwaltung - haben sich recht zufällig zusammengefunden. Aber aus den gegensei­tigen Besuchen von Behördemitgliedern, Vereinen und Jugendgruppen, mit Konzerten, Aus­flügen und festlichen Anlässen, sind mannigfache private Kontakte und Freundschaften ent­standen. Es gab beiderseits keine grössere Veranstaltung oder wichtige Feier, an der nicht eine Delegation der Partnergemeinde teilnahm. Als Träger der Partnerschaft wirkten die poli­tischen Behörden. Die Lebendigkeit des Austausches ist aber seit jeher vom Engagement verschiedener Vereine, der Feuerwehr, der Schule und der Kirche gewährleistet worden. Im vergangenen Jahr waren die Schweizer zu Gast in Württemberg - und es war wieder ein Fest mit anregenden Anlässen, Musik, Gesang und bester Stimmung.

Ein jugendlicher Initiant

Alles begann mit der eigenwilligen Aktion eines Dreizehnjährigen. Im Frühjahr 1956 stand in Kilchberg/Tübingen die Wiederwahl des Bürgermeisters an. Im Ort wurde ein Flugblatt ver­teilt, auf dem es hiess: „Kilchberger Bürger, geht am Sonntag zur Wahl und wählt Richard Henne, lasst euch nicht beirren.“ Der Pfarrerssohn Jochen Mohr steckte zwei solcher Zettel in einen Umschlag und schickte ihn aus nicht näher bekannten Gründen an das „Bürger­meisteramt Kilchberg am Zürichersee“. Auf der Rückseite eines Zettels stand der Vermerk: „Zur freundlichen Kenntnisnahme“.

Der Präsident der Zürcher Gemeinde, Dr. Bruno Herzer, schrieb darauf an Herrn Joachim Mohr: „Sie hatten die Freundlichkeit, uns zwei Wahlempfehlungszettel betreffend die Bür­germeisterwahl in Ihrer Ortschaft zuzustellen und wir danken Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit recht herzlich. Da wir sozusagen Namensvettern sind, würde es uns interessieren, Näheres über Kilchberg/Tübingen zu erfahren.“ Gleichzeitig ging ein Brief an den Bürgermeister von „Kilchberg über Tübingen“, in dem es hiess, der Gemeinderat gedenke, eine Reise nach Süddeutschland zu unternehmen und würde vorher gern Näheres über das dortige Kilchberg erfahren.

Der wiedergewählte Bürgermeister Henne lud die schweizerischen Gemeinderäte persönlich zu einem Besuch ein. Pfarrer Heinrich Mohr de Sylva freute sich ebenfalls über die bevor­stehende Zusammenkunft und schrieb in die Schweiz : „Es ist uns eine grosse Ehre und Freude, Sie mit offenem Herzen erwarten und empfangen zu dürfen. Dem darf auch der un­terzeichnete Pfarrer wohl Ausdruck geben, dessen 13-jähriger Jüngster sich die unverfrorene ‚Frechheit', wie der Vater damals meinte, erlaubt hat, Ihnen einen Wahlzettel unserer Bür­germeisterwahl zu senden. Nun hat diese humorgewürzte Drucksache so freundliche Fol­gen, die wir dankbaren Herzens begrüssen dürfen. Seien Sie uns herzlich willkommen!" Der ‚historische' Besuch einer neunköpfigen Delegation aus der Schweiz fand dann am 6. Okto­ber 1956 statt. Dies war der Beginn der Partnerschaft zwischen den beiden Gemeinden, die nun bereits ein halbes Jahrhundert gedauert hat.

Partnerschaft „ohne Siegel und Vertrag“

Der erste Gegenbesuch im folgenden Jahr, mit Bürgermeister Henne an der Spitze, verlief herzlich. Zur Begrüssung rief Pfarrer Rudolf Paulus aus:

Seid gegrüsst, ihr Kilchberg-Auen
Kilchberg überm See, dem blauen!


Der Zürichsee war dann weniger beschaulich als erwartet, denn eine Motorbootfahrt mit der gesamten Delegation aus Württemberg wurde wegen heftigen Wellengangs zu einem „Er­eignis besonderer Art“. Die anschliessenden Vorträge des Musikvereins „Harmonie“, die Darbietungen des Jodler-Doppelquartetts und ein gemeinsamer Gottesdienst bildeten aber einen willkommenen Ausgleich. Nach der Heimkehr sandte Landrat Hermann Zahr das fol­gende Gedicht:

Mit dankbaren Grüssen immerdar
Der Landrat von Tübingen Hermann Zahr
Unsere Sinne und Gedanken
Heute noch um Kilchberg ranken,
Das im lieben Schweizerland
Sich mit Kilchberg hier verband.

Grosse Reden grosser Herr'n
Hören wir zuweilen gern,
Aber Freundschaft, treu und bieder,
Ist im Herzen uns doch lieber.
     Trotz des Wetters rauh und kalt,
Spürten wir bei euch sehr bald,
Freundschaft ist wie warmer Regen
und für alle - Gottes Segen.

Dass Euch der zuteil mög' werden,
Euren Weg begleit' auf Erden,
Euch und Eurem schönen Land,
Legen wir in Gottes Hand.


In den folgenden Jahren wurden die gegenseitigen Besuche oft mit grösseren Ausflügen verbunden, denn man wollte nicht nur die Partnergemeinden, sondern auch deren Umkreis besser kennen lernen. Zur Einweihung eines neuen Schulhauses pflanzten die Schweizer Gemeinderäte eine Linde; an der Jahrhundertfeier des „Sängerkranzes“ im Jahr 1965 sang der Männerchor aus der Schweiz zehn Lieder. Im folgenden Jahr fuhren 55 schwäbische Kilchberger zu ihren „Sangesfreunden“ am Zürichsee.

Im Jahr 1971, als die bis anhin selbstständige Gemeinde Kilchberg in die Universitätsstadt Tübingen eingegliedert wurde, bangte man in der Schweiz um die Freundschaft mit den hoch geschätzten Württembergern. Umsonst! Denn die Stadt Tübingen, die auch mit den Städten Aix-en-Provence, Kingersheim, Perugia, Ann Arbor, Petrosawodsk und der Grafschaft Durham verbunden war, übernahm ebenfalls die Partnerschaft mit der zürcherischen Ge­meinde. Gefeiert wurde der Austausch weiterhin im Stadtteil Kilchberg. Und man blieb bei einer „Partnerschaft ohne Siegel und Vertrag“.

Nach 25 Jahren: die „Legalisierung“

Dr. Eugen Schmid, der Oberbürgermeister von Tübingen, folgte im Jahr 1981 einer Einladung ins zürcherische Kilchberg, liess aber zum vornherein wissen, er sähe gerne eine "Legalisierung" des Freundschaftsverhältnisses durch eine formelle Partnerschaftsvereinbarung. 25 Jahre nach den ersten Kontakten zwischen den beiden gleichnamigen Gemeinden, am 29. August 1981, kam es so weit: Dr. Eugen Schmid, Erich Krauss, Ortsvorsteher aus Tübingen, und Hans Gräub, der Präsident der Zürcher Gemeinde, unterzeichneten die Urkunde, die seither die Grundlage der gegenseitigen Beziehungen geblieben ist. In seiner Festansprache führte Dr. Schmid aus: "Unabhängig von allen nationalen Urteilen und Vorurteilen ist die Tatsache des gemeinsamen schwäbisch-alemannischen Stammes eine gute Basis für den Bestand der Freundschaft zwischen den beiden Kilchberg, eine Freundschaft, die in diesem Lichte gesehen, trotz politischer und natürlicher Grenzen sogar aller Zufälligkeiten entbehrt." Im Anschluss an das Treffen, an dem auch Jochen Mohr teilnahm, erklärte Hans Gräub, es liege nun an den beiden Kilchberg, die weiteren Beziehungen im alten Geist weiterleben zu lassen.

Die gegenseitigen Besuche folgten sich darauf in unterschiedlichen Zeitabständen und aus verschiedenen Anlässen. Es kam zu ungezwungenen Volksfesten unter Mitwirkung der lokalen Vereine. Mehrmals kam die Feuerwehr zum Zug. Besonders gefeiert wurde das Jubiläum zum 100-jährigen Bestehen der Tübinger Feuerwehr im Mai 1986. Ein Höhepunkt war auch die 750-Jahr-Feier von Kilchberg-Tübingen - mit einem folkloristischen Festzug und einem Heimatabend - im September desselben Jahres. Besonders geschätzt wurde dabei eine Einladung von Baronin Christa von Tessin ins Schloss Kilchberg.

Jugendaustausch mit abwechslungsreichem Programm

Um zur Festigung der Freundschaft vermehrt die Jugend einzubeziehen, begann 1987 auf Anregung des damaligen Gemeindepräsidenten aus Kilchberg-Zürich, Dr. Karl Kobelt, ein Schüleraustausch. In der Folge wurde dieser ergänzt mit Jugendlichen aus Vereinen. Auf schweizerischer Seite lernten die Besucher jeweils während einer Woche die einladende Gemeinde und die Stadt Zürich kennen. Angeboten wurden neben Schulbesuchen Bergwanderungen und Ausflüge bis ins Tessin; es gab Radtouren und Grillfeste im Wald. Umgekehrt erlebten die Schweizer in Deutschland Stocherkahnfahrten auf dem Neckar und besuchten Sehenswürdigkeiten, mit denen sie sonst nie bekannt geworden wären. Im Jahr 2001 kamen 26 junge Schweizer und Schweizerinnen nach Tübingen. Sie unterhielten sich so gut mit den deutschen Jugendlichen, dass vielen der Abschied schwer fiel. Mit Ausnahme von 2005 wurden den Jugendlichen weiterhin jedes Jahr abwechslungsreiche Programme geboten. Es ist vor allem das Verdienst von der leider bereits verstorbenen Waltraud Finger aus Kilchberg-Tübingen und Pfarrer Martin Keller aus Kilchberg am Zürichsee, dass der Jugendaustausch in den vergangenen 12 Jahren stets attraktiv geblieben ist. Zum Partnerschafts-Treffen des vergangenen Jahres begab sich eine 36-köpfige Schweizer Delegation zur schwäbischen Schwesterstadt. Wie vor 50 Jahren war das Jodler-Doppelquartett dabei. Begleitet wurden die Jodler von der Bendliker-Musik, eine Blaskapelle mit Musikern der Harmonie Kilchberg. Sie ernteten bei ihren Auftritten grossen Applaus. Der Anlass war mit dem traditionellen Schlossgartenfest verbunden, so dass in Gegenwart von mehreren Hundert Einwohnern gefeiert werden konnte. Der Besuch fand seinen Abschluss mit einem gemeinsamen Gottesdienst und einer vorgezogenen Feier zum Geburtstag von Baronin Christa von Tessin.

Und bereits sind Pläne geschmiedet worden für die nächste Reise an den Zürichsee. Am 10. und 11. Juni 2006 feiert der Musikverein "Harmonie" Kilchberg sein 100-Jahr-Jubiläum. Ein grosses Fest ist angesagt - und selbstverständlich soll auch das Bestehen der 50-jährigen Partnerschaft bei dieser Gelegenheit am Zürichsee zusammen mit einer Delegation aus dem schwäbischen Kilchberg gefeiert werden. Gelebte Partnerschaft!
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Die erste Zusammenkunft in Kilchberg bei Tübingen im Jahr 1956
Gründungsbild
Urkunde von 1981
Urkunde
Die Unterzeichner der Partnerschaftsurkunde (1981)
(von rechts) Oberbürgermeister Dr. Eugen Schmid,
Gemeindepräsident Hans Gräub und
Ortsvorsteher Erich Krauss
Unterzeichnung der Urkunde
Das Jodler Doppelquartett von Kilchberg/Zürich
mit den zwei Solojodlerinnen beim Besuch von 2005 vor dem Schlosseingang in Kilchberg-Tübingen Das Jodler-Quartett
Besuch des Schlossgartenfestes 2002 in Kilchberg/Tübingen
(von l. n. r.: Ortsvorsteher E. Krauss, Gemeindepräsident Dr. H-U. Forrer, Gemeinderätin S. Büchi, Ortschaftsrat R. Gebauer und Gemeindeschreiber B. Bürgisser)
Schlossgartenfest 2002
Kilchberg / Zürich Mit seinen 7074 Einwohnern ist das schweizerische Kilchberg ein Ort mittlerer Grösse, prächtig an einem Hang über dem Zürichsee gelegen, auf der einen Seite angeschlossen an die Stadt Zürich, auf der anderen in unmittelbarer Nähe eines weitläufigen, grünen Erholungsgebiets.

Verkehrsmässig gut erschlossen, hat die Gemeinde doch ländlichen Charakter bewahrt. Alte Häuser mit eigener Geschichte, reich bepflanzte Gärten und ein grosser gemeindeeigener Bauernhof prägen das Bild.

Die Wohnlage in Stadtnähe ist einmalig: Der Blick geht einerseits über den See Richtung Zürich und die Gemeinden am gegenüber liegenden Ufer, anderseits bietet sich bei gutem Wetter ein herrliches Bergpanorama.