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Kilchberg   Die liebens­werte Gemeinde

Niemand wird, wenn er nach Tübingen will, zuerst Richtung Rottenburg fahren!

Die neue B28 durchs Neckartal

von Klaus Mohr, Kilchberg, im März 2020


Nun ist sie also fertig, die neue Straße, zweispurig, mit Sichtblenden, mit Lärmschutzwänden.



b28_1963

Seit 1963 (!) hat man geplant. Im Zeitungsbericht vom 27.12.1963 findet man: Bei der Bürgerversammlung stellte Landrat Klumpp vier Trassen vor: Trasse 1 führte durchs Neckartal und berührte lebenswichtige Interessen der Stadt Tübingen, und deshalb war sie schon von Tübingen abgelehnt worden. Plan 2 und 3 zeigten Trassen, die südlich an Kilchberg am Waldrand vorbeiführen sollten, im Plan 3 sollte gar der Rammert vom Steinlachtal kommend bis Weilheim untertunnelt werden - beide Trassen wurden wegen des großen Landverbrauchs abgelehnt. Der Gemeinderat der selbstständigen Gemeinde Kilchberg hätte es am Liebsten gesehen, wenn ihr Gemeindegebiet verschont würde:

Der 4. Plan, der mit einiger Erleichterung zur Kenntnis genommen wurde, sieht die Trassenführung von Reutlingen her in einer großen Schleife über den Rammert vor. Sie würde dann zwischen Bühl und Kiebingen das Neckartal erreichen und die Gemeinde Kilchberg nicht berühren. Also an Gomaringen und Dußlingen vorbei über den Rammert nach Kiebingen – welch grausame Vorstellung aus heutiger Sicht!

Diese Planung wurde verworfen, die B28-Pläne ruhten und es kam in den 1970-er Jahren wieder die Idee auf, eine neue L 370 nördlich der Bahn zu bauen, diesmal allerdings nur zur Entlastung der L 370 alt. Damit fand man sich in Kilchberg letztlich ab, obwohl viel Ackerland (mit bester Ackerwertzahl bis zu 85) für diesen Zweck geopfert werden müsste. Für die Ortschaftsräte war das eine Straße, die den stärker gewordenen Verkehr durch die Dörfer nach außen bringen, also auch Kilchberg entlasten würde.

Aber wie sollen die beiden Trassen miteinander verbunden werden? Es kam zum Streit mit dem Ortschaftsrat in Bühl, der eine Querspange westlich des Himmelwerkes im Bonlanden wollte: Das sei Unsinn (Schw.Tagblatt 22.4.1978): Niemand werde, wenn er nach Tübingen wolle, zuerst Richtung Rottenburg fahren!

Ein Vermittlungsausschuss mit Räten von Bühl, Kilchberg und Tübingen wurde gebildet, nach vielen Monaten wurde das Kriegsbeil begraben: Die Stadt beantragte zwei Querspangen, eine für Bühl und eine für Kilchberg östlich des Bahnhofs! (Schw.Tagblatt 21.2.1979) und es wurde weiter geplant.

1985 machte die Anbindung der Felder und Wiesen im Neckartal mit der L370 alt Schwierigkeiten: Die Planer wollten eine Brücke über die Eisenbahn und die neue L370, die Kilchberger eine Unterführung mit einer Durchfahrtshöhe, dass alle landwirtschaftlichen Fahrzeuge passieren könnten: Der Ortsvorsteher Krauß meinte damals (Schw.Tagblatt 16.11.1985):

Wir können diese Straße dulden, wenn sie so gebaut wird, dass sie Entlastung bringt.

b28_1984
In den 1990-Jahren wurde wieder geplant, nun zu Gunsten einer neuen B28 im Neckartal, und am 21. Februar 1997 berichtete das Schwäb. Tagblatt:

b28_1997

Das Hauptargument des Ortschaftsrates fasste die Ortschaftsrätin Gundi Reichenmiller zusammen: “Wir werden Zubringer. Dann haben wir 5000 Autos am Tag im Dorf und 22 000 direkt daneben.” An der Lärm- und Abgasbelästigung, so sprang ihr Joachim Schneider bei, würde auch der vorgesehene Lärmschutz durch einen zwei Meter hohen Wall und eine gleichhohe Mauerkrone nicht viel ändern. „Dann werden wir dazu auch noch optisch vom Neckartal, von der Wurmlinger Kapelle und vom Spitzberg abgeschnitten.”

Die Planungen gingen weiter, mehrmals noch wurde der Ortschaftsrat damit befasst, doch großen Einfluss konnte er nicht mehr geltend machen.

Schließlich berichtete das RP Tübingen am Dienstag, 18. Juli 2017 in der Weilheimer Rammerthalle den Mitgliedern der Ortschaftsräte von Bühl, Hirschau, Kilchberg und Weilheim und allen Interessenten über den Ausbau der B28a zwischen Weilheim und Rottenburg. In der anschließenden Diskussion kamen auch Probleme der Landwirtschaft und des Naturschutzes zur Sprache. Das RP versprach: Umfangreiche Baum- und Strauchpflanzungen seien ebenfalls vorgesehen, darunter hochstämmige heimische Obstbäume, und gegen den Distelbesatz an den Böschungen oder für eine Überflughilfe für Fledermäuse an den Lärmschutzwänden würde man auch sorgen. Doch insgesamt mussten wir die Planungen so hinnehmen, wie sie auf vielen Plänen ausgehängt waren und wie sie nun zum Teil heute verwirklicht sind. Ob die Kilchberger nun gerne zuerst Richtung Bühl fahren, wenn sie nach Tübingen wollen, das ist eine andere Frage ....