Georg von Ehingen: Erst Krieger, später Beamter

Über den Kilchberger Schlossherren Georg von Ehingen, der Friedensstifter und Kriegsverbrecher zugleich war, sprach Ortshistoriker Klaus Mohr.

15. Südwestpresse 15. August 2021 um 14:00 UhrKilchberg
Ein Artikel von Martin Zimmermann
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Im Kilchberger Schlossgarten ließ Mohr vor 40 Besuchern die Geschichte des Ritters Georg von Ehingen (1428-1508) lebendig werden, der in der Region manche Spuren hinterließ. Darunter den Renaissancebau des Kilchberger Schlosses, den Georg selbst beauftragte, ebenso die Kirche von Wankheim. Auch in einem Fenster der Tübinger Stiftskirche ist sein Wappen zu sehen. Georg selber ist dargestellt auf einem Altar im Rottenburger Diözesanmuseum und im dem Kilchberger Altar, der heute im Landesmuseum in Stuttgart ausgestellt wird. Geboren wurde Georg in Hohenentringen, später erwarb sein Vater Kilchberg, Wankheim, Kressbach und die Hälfte von Bühl. Über seine Kindheit in Hohenentringen und Kilchberg ist wenig bekannt, aber über seine „Reisen in die Ritterschaft“ als junger Mann verfasste Georg einen autobiografischen Bericht. Zunächst diente er als Page am Hof in Innsbruck und bediente Eleonore von Schottland, die Ehefrau des Tiroler Herzogs Sigismund des Münzreichen. Später trat er in die Dienste Erzherzog Albrechts VI, des Ehemannes der in Rottenburg als Fasnetsstifterin verehrten Erzherzogin Mechthild. In seinem Gefolge nahm Georg an der Königskrönung von Ladislaus Postumus in Prag teil und wurde dabei von Albrecht zum Ritter geschlagen. Er nahm seinen Abschied und ging mit den Johannitern über Venedig nach Rhodos, wo er gegen die Türken kämpfte. Georg bereiste Beirut, Jerusalem, Damaskus und Ägypten, wurde auf der Sinai-Halbinsel von Nomaden gefangen genommen und entkam, bevor er über Rhodos wieder nach Rottenburg kam.

Weitaus ausführlicher ist der Bericht von seiner zweiten Reise über Frankreich nach Spanien und Portugal, wo er für den portugiesischen König Ceuta gegen die Sarazenen verteidigte und dabei einen Zweikampf gegen einen moslemischen Kämpfer gewann, der ihn in Europa bekanntmachte. Ludwig Uhland verarbeitete den Kampf in seiner Heldenballade „Schwäbische Kunde“, verlegte den Kampf jedoch in die Zeit Kaiser Babarossas. In den Kämpfen gegen die Muslime in Spanien schildert Georg auch wie er zahlreiche Dörfer niedergebrannt und Frauen und Kinder niedergemetzelt habe. Später reiste er über Frankreich nach England und Schottland, wo der Reisebericht endet.

Nach seiner Rückkehr heiratet Georg eine reiche Schäferstochter aus Reutlingen, hat mit ihr 18 Kinder und tritt als Berater in die Dienste Graf Eberhards im Bart. „Ab 1460 ist er 45 Jahre lang ein braver Beamter, Streitschlichter und Bürokrat“, berichtete Mohr. Georg verhandelte mit der Stadt Tübingen über die Gebäude für die Universitätsgründung 1477 und das „Akademische Bürgerrecht“. Er schlichtete in Nehren einen Nachbarschaftsstreit, als das Geflügel des Pfarrers den Nachbarsgarten verwüstete und betätigte sich in Mantua als Brautwerber für Eberhard und vermittelte dessen Hochzeit mit Barbara Gonzaga.

Als Landvogt von Mömpelgard verhandelte er mit dem Burgunderherzog Karl dem Kühnen und den Eidgenossen. „Es liegt ein Gegensatz in der Person Georgs, der einerseits hier in Kilchberg als Wohltäter, Verhandler und Friedensstifter auftritt und andererseits in Spanien Dörfer niederbrennt und Frauen und Kinder niedermetzelt“, urteilte Mohr. Maris Bietags aus Lettland umrahmte Mohrs Vortrag am Keyboard mit zeitgenössischen Orgelstücken. Mit einem Hut wurden Spenden für die Hochwasseropfer gesammelt.