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Konstruktion des reg. n-Ecks

"Es ist einfach, eine Konstruktion zu beschreiben, dagegen sehr schwer zu beweisen, dass eine Konstruktion unmöglich ist."

Quelle

Geschichtliches zum regulären n-Eck


Im Juni 1796 konnte man in dem in Jena erscheinenden ”Intelligenzblatt der allgemeinen Literaturzeitung“ unter der Rubrik ”Neue Entdeckungen“ lesen:

Es ist jedem Anfänger der Geometrie bekannt, dass verschiedene ordentliche Vielecke, namentlich das Dreieck, Fünfeck, Fünfzehneck, und die, welche durch ¨ wiederholte Verdopplung der Seitenzahl eines derselben entstehen, sich geometrisch konstruieren lassen.

So weit war man schon zu Euklids Zeit und es scheint, man habe sich seitdem allgemein überredet, dass das Gebiet der Elementargeometrie sich nicht weiter erstrecke: wenigstens kenne ich keinen gegluckten Versuch, ihre Grenzen auf dieser Seite zu erweitern. Desto mehr, dunkt mich, verdient die Entdeckung Aufmerksamkeit, dass außer jenen ordentlichen Vielecken noch eine Menge anderer, z. B. das Siebzehneck, einer geometrischen Konstruktion fähig ist. Diese Entdeckung ist eigentlich nur ein Corollarium einer noch nicht ganz vollendeten Theorie von größerm Umfange, und sie soll, sobald diese ihre Vollendung erhalten hat, dem Publikum vorgelegt werden.
        C. F. Gauß aus Braunschweig. Stud. der Mathematik zu Göttingen.

Es verdient angemerkt zu werden, dass Herr Gauß jetzt in seinem 18ten Jahre steht, und sich hier in Braunschweig mit ebenso glücklichem Erfolge der Philosophie und der klassischen Literatur als der höheren Mathematik gewidmet hat.

Dies war die erste Veröffentlichung von Gauß.
Außer dem Quadrat sind alle regulären n-Ecke mit Primzahlen p=22n+1 (n∈ℕ) konstruierbar, also mit p = 3, 5, 17, 257, 65537 (weitere Fermatschen Primzahlen sind nicht bekannt) einschließlich aller möglichen Verdoppelungen und Produkte konstruierbar sind. Die Konstruktion des 17-Ecks wurde von Gauß selbst mit 18 Jahren durchgeführt.
Die Konstruktion des reg. n-Ecks ist gleichwertig mit der Konstruktion der n-ten Einheitswurzel
                                                  2πi
                                                  ——— 
       360°        360°        360°       2πi      n
 ζ=cis(————) = cos(———) + isin(———) = exp(———) = e  
        n           n           n          n 
Satz (Gauss): Das n-Eck ist genau dann mit Zirkel und Lineal konstruierbar, wenn die Eulersche Zahl φ(n) eine Potenz von 2 ist.
φ(n)=Anzahl der Zahlen k kleiner n mit ggT(k,n)=1. Zum Beispiel φ(6)=2 φ(13)=12.
φ(1)=1   
φ(2)=1
φ(3)=2   Zweierpotenz
φ(4)=2   Zweierpotenz
φ(5)=4   Zweierpotenz
φ(6)=2   Zweierpotenz
φ(7)=6   Zweierpotenz
φ(8)=4   Zweierpotenz
φ(9)=6
φ(10)=4  Zweierpotenz
φ(11)=10
φ(12)=4  Zweierpotenz
φ(13)=12
φ(14)=6
φ(15)=8  Zweierpotenz
φ(16)=8  Zweierpotenz
φ(17)=16 Zweierpotenz 

φ(5)=4 ⇒ 5-Eck ist konstruierbar
φ(7)=6 ⇒ 7-Eck ist nicht konstruierbar
φ(17)=16 ⇒ 17-Eck ist konstruierbar
Satz: Ist p Primzahl (φ(p)=p-1) und p-1 eine Potenz von 2 so ist
    n
   2 
p=2  + 1 für ein n∈ℕ


Die ersten Fermatschen Primzahle sind


3 17 257 65567. Weitere sind nicht bekannt.

Gauss fand für das 17 Eck: (BAEN 96 RiesenRechnung, ab nachvollziehbar)
cos17eck

Das 17-Eck ist konstruierbar

Quelle
Siehe auch hier

Da 17-Eck ist genau dann konstruierbar, wenn

z=cis(360°/17)=sin(360°/17)+icos(360°/17)=exp(2πi/17)

in einer 2 Radikalerweiterung von ℚ liegt, wenn es also eine Kette von Unterkörpern von ℂ gibt, ℚ=K0≤K1≤K2≤...≤Km=L gibt so, dass z∈L und Ki/Ki-1 den Grad 2 hat.
[z:ℚ]=φ(17) (φ Eulersche Funktion) φ(17)=16=24.
Die Eulersche φ-Funktion ist definiert als φ(n)=Anzahl der zu n teilerfremden Zahlen kleiner gleich n. Beisiel: φ(6)=2 und φ(13)=12.
Die Zwischenkörper von ℚ und ℚ(z) entsprechen Untergruppen einer gewissen Gruppe G mit 16 Elementen. Man kann zeigen G=ℤ16. Diese ist leicht zu untersuchen.
16=E(1)≥E(2)≥E(4)≥E(8)≥E(0), wobbei E(x) die von x erzeugte Untergruppe ist. Also existiert auch die oben erwähnte Kette von Zwischenkörpern von ℚ(z)/ℚ. Damit ist gezeigt: Das 17-Eck ist kontruierbar.

Die Eulersche Phi-Funktion

Definition: Für ∈ℕ ist φ(n)=Anzahl der m∈ℕ mit 0≤m kleiner n und m,n ist teilerfremd, d.h. ggT(m,n)=1

Beispiele: φ(6)=2, da Menge der zu 6 teilerfremden Zahlen {1,5}.
φ(13)=12, da 13 Primzahl
φ(60)=16

Konstruierbarkeit des n-Ecks

Satz: Das regelmäßige n-Eck ist genau dann mit Zirkel und Lineal konstruierbar, wenn n=2m*p1*p2*...*pr für Fermatsche Primzahlen pi.
Die bisher bekannten 5 Fermatschen Primzahlen 22n+1 sind für n=0,1,2,3,4:
3, 5, 17, 257, 65537.
Nebenbei bemerkt: Im mathematischen Göttinger Institut ist ein Koffer, das 1889 beendete "Diarium" von J. Hermes mit der Beschreibung der Konstruktion des 65537-Ecks, an dem er 10 Jahre gearbeitet hat. Keiner traut sich, den Inhalt zu studieren oder den Koffer zu "entsorgen".