Übergabeseite

Zum Klassentreffen 2017 in Rottenburg/Neckar

Erstellt von Gisela Jung Seifert zur Information der teilnehmenden „Ehemaligen“

Liebe ehemaligem Mitschüler und Mitschülerinnen. Zuerst möchte ich mich ganz herzlich bei Peter Kaiser bedanken, dass er mich sozusagen brieflich auf eurem Klassentreffen vertritt. Er kann euch selbst erzählen wie er mich über"s Internet fand und das nach so vielen Jahrzehnten. Wahrscheinlich hat auch geholfen, dass ich nach meiner Scheidung wieder meinen Mädchennamen angenommen habe- und wie es so Sitte in Puerto Rico ist- auch den Mädchennamen meiner Mutter angehängt habe - Gisela Jung Seifert.

Seit vielen Jahren lebe ich in der Karibik auf einer kleinen Insel, die Puerto Rico heisst und deren Nachbarn die Dominikanische Republik, Haiti und Kuba sind. Puerto Rico ist den USA politisch als nichtinkorporiertes Aussengebiet angeschlossen, was viele von uns als Euphemismus ansehen, da es in Wirklichkeit eine Kolonie der USA ist. Die Puertorikaner sind Staatsbürger der USA (3.5 Millionen), sprechen Spanisch ,können aber nicht an den Präsidentschafts oder Kongresswahlen teilnehmen. Ein wunderschönes tropisches Land , das geographisch trotz seiner Größe, es ist die kleinste Insel der grossen Antillen, eine bemerkenswerte vielseitige Geografie hat, was nicht nur zum Schwimmen im Meer, Segeln oder Surfen einlädt.

Nun und wie bin ich nach Puerto Rico gekommen?

Nach dem Besuch einer 3 jährigen Fachhochschule habe ich dann in Tübingen eine Ausbildung als Krankenschwester gemacht und war 2 Jahre in einem Austauschprogarmm in den USA- in Philadelphia, dem Staat Pennsylvania. Dort lernte ich meinen späteren Mann kennen, der an der Uni promovierte und kurz danach ein Angebot an die Uni In San Juan als Professor bekam. Wir heirateten 1969 in Rottenburg im Kreise meiner Familie und Freunde und zogen dann nach San Juan, der Hauptstadt Puerto Ricos. Da keiner von uns beiden die Muttersprache des Anderen sprach, war unsere Kommunikation auf Englisch bis unser Sohn Philip 1973 geboren wurde und ich mich dann schon gut auf Spanisch verständigen konnte. Sprachen waren ja schon immer meine Lieblingsfächer in der Schule und so war es auch gar nicht schwierig eine 4te Sprache zu lernen.(I ka au immer no schwäbisch schwatza) Mit meinem Sohn sprach ich zu Hause immer Deutsch, sein Vater sprach Spanisch und im College lernte er Englisch, da er in den USA sein erstes Studium absolvierte. Hatte ich manchmal Heimweh? - natürlich, vor allem weil beide von uns keine Familie in Puerto Rico hatte. Der Vater meines Sohnes stammt aus Panama. Damals waren die Telefonate nach Übersee noch sehr teuer und ich konnte nur einmal im Monat mit meinen Eltern und Schwestern reden. Aber da gab es ja auch noch das Briefeschreiben- viele Briefe flogen übers Meer in den vielen Jahren. Die Besuche nach Rottenburg ins Amtsgericht, wo meine Eltern wohnten, wurden dann auch gehörig ausgenutzt mit Ausflügen in die Umgebung, Spaziergängen in den Wäldern, was ich sehr vermisste und die gute schwäbische Küche, die ich mit der Zeit in Puerto Rico selbst kochte. Heute backe ich mein eigenes Vollkornbrot, habe es sogar fertiggebracht Laugenbrezeln und Laugenweckle zum Frühstück zu backen, was meinen Freunden und Bekannten sehr schmeckt.

Arbeitsmäßig wandte ich mich nach der Geburt unseres Sohnes der Geburtsvorbereitung zu und habe viele Jahre lang unterrichtet- das nach einem Magisterstudium an den Uni Puerto Rico's und einem weiteren Studium der Gesundheitswissenschaften und Hebammenwesen an der Boston University, wo ich 10 Jahre lang in einer grossen Hebammenpraxis arbeitete, bis ich vor ein paar Jahre wieder nach Rico zurückkehrte. Ja und dann wurde mir an der Musikhochschule in San Juan ein Deutschkurs für Musikstudenten angeboten, eine Stelle , die ich nun seit 2 Jahren innehabe und überaus glücklich bin, eine freie Hand im Unterricht zu haben. So ist mein Kontakt zu Deutschland wieder näher und ich versuche meinen Studenten eine integrale Sicht zu vermitteln, die nicht nur deutsche Grammatik und Phonetik einbezieht, sondern Geschichte, Musik, Film, Literatur, Politik und auch Kulinarisches verbindet. Mein Sohn lebt seit 12 Jahren in München wo er Film (Regie) an der HFF studiert hat und arbeitet in der Filmbranche. Als begeisterter Surfer kommt er 2mal im Jahr nach Puerto Rico und denkt immer mal wieder- vor allem im kalten deutschen Winter- nach Puerto Rico zurück zukehren- wer weiss??? Und ich- nein mein Platz ist in der Wärme, für mich sind die Winter zu ungemütlich geworden, aber ein D'landbesuch ist immer eine Möglichkeit.

Ich hoffe ihr habt viel Spass und Freude bei eurem Treffen und wenn ich Ende Juli nach Tübingen komme, wo meine Schwester wohnt, mache ich natürlich auch einen Abstecher nach Rottenburg.

Muchos saludos, Gisela. von_gisela8.jpg