Klaus Mohr

urbar

Zusammenfassung für den geplanten 2. Band zur Cannstatter Geschichte von Eberhard Köngeter mit dem Titel: Cannstatter Geschichts-Breggala


Ein besonderes Geschichts-Breggala ist das Cannstatter Urbar des Konstanzer Domkapiels von 1344, ein Verzeichnis von Land und Leuten besonderer Art.

Was ist ein Urbar?

Manche von uns kennen sicher den Ausdruck: Ein Stückchen Land "urbar machen", d.h. es nutzbar machen, damit es gute Erträge bringt. Schließlich will man davon leben oder gar Teile des Ertrags verkaufen.

Warum Konstanz?

Es war seit alters Christenpflicht, der Kirche den zehnten Teil seines jährlichen Einkommens zu geben (In der Bibel nach Hebr. 7,1-10), vergleichbar unserer Kirchensteuer. Und anders als heute konnte sich niemand dieser Pflicht, an die Kirche 10 % seines Einkommens zu entrichten, entziehen! Damit waren alle Bewohner eines Ortes zehntpflichtig. Waren mehrere Kirchen im Ort, so gab es genau definierte Zehngtbezirke; ihre Bewohner wurden in Verzeichnisse eingetragen, die man der Einfachheit gleich Urbare nannte. Lagerbuch, Zinsbuch, Gültbuch, Güterbuch sind andrere Begriffe für das Urbar. Empänger des Zehnten war die Kirche, das heißt, der Pfarrer oder die Pfarrei oder der Kirchherr, der Patron der Pfarrei.

Und hier kommt das Konstanzer Domkapitel ins Spiel, denn es hatte 1289 das Patronat über die Cannstatter Kirche und später sogar die Inkorporation, die Einverleibung, erworben. Damit konnte es dem Bischof bei der Stellenbesetzung einen geeigneten Seelsorger vorschlagen und den Zehnten fordern. An ganz vielen Orten war diese Einkommensquelle zu einem wunderbaren Instrument geworden, zu mehr Einkommen oder gar Macht zu kommen. Und für viele Herren eine gute Möglichkeit, sich rseine Schulden – teilweise – zu entledigen. In meiner Heimat Kilchberg kam das Patronat unserer Kirche an eine katholische Institution, das Moritzstift in Rottenburg, und blieb auch nach der Reformation dort: Das heißt, Katholiken mussten um Erlaubnis gefragt werden, wenn es um die Pfarrstellenbesetzung ging!

Das Bistum Konstanz hatte im Mittelalter eine ungeheure große Ausdehnung: Es war eines der Größten im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation und umfasste im Grunde das Kerngebiet des damaligen Herzogtums Schwaben und reichte von Ludwigsburg und Cannstatt bis zum Gotthardmassiv in der Schweiz, von St. Blasien bis nach Kempten. Im Norden grenzte es an die Bistümer Speyer und Würzburg, Asperg gehörte zu Speyer, Schorndorf zu Würzburg!

Die Verwaltung eines Bistums obliegt bis heute dem Bischof, dem Weihbischof, dem Generalvikar und dem Domkapitel, dessen Vorsitzender der Domprobst ist. All diese Männer sind geweihte Priester, die von oben her in ihre Ämter eingesetzt werden; demokratische Strukturen gibt es nicht. Doch in Konstanz gelang es dem Domkapitel die bischöflichen Rechte zu beschneiden.

Und in der Mitte des 14. Jahrhunderts herrschten an der Domkirche in Konstanz „abscheuliche Zustände: Die Kanoniker schritten als Ritter einher, legten das geistliche Gewand und die Tonsur ab, …mit der Domkirche verband sie fast nur die Pfründe“ (K. Beyerle, Die Geschichte des Chorstiftes... 1908, S. 158).

Um sich einen aktuellen Überblick zu verschaffen, hat das Bistum Konstanz schon 1275 ein Verzeichnis all seiner Kirchen geschaffen, den "liber decimationis", ein Zehntbuch, um Geld für einen Kreuzzug zu beschaffen. Im Mittelalter sind sehr viele Schriftstücke, Urkunden und so, verloren gegangen, so dass solche Verzeichnisse für viele Ortschaften dieses Jahr 1275 als das Jahr ihrer ersten Erwähnung nennen. Natürlich ist Cannstatt viel älter ...(s. Cannstatter Geschichts-Breggala 1. Aufl. 2017 S.98ff.).

Im Mittelalter gewannen die meisten Bewohner ihr Einkommen in der Naturalwirtschaft...

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