Kilchberg     Klaus Mohr


Klaus Mohr: Führung in der Stiftskirche Tübingen am 30.6.2010:

Die Freiherren von Kilchberg und die Stiftskirche

(v. Ehingen, v. Closen, Leutrum von Ertingen, v. Tessin)


1. Kurzer Überblick über die Herren von Kilchberg von 1236 bis 1806 (bzw. Schlossherren von Kilchberg bis heute)


2. Zu den Verbindungen der Freiherren mit der Tübinger Stiftskirche,

die nur aus den Akten belegt werden können

2.1 Kirchenbücher

2.2 Andere Akten: Ein Grundriß aus dem Jahr 1816


3. Noch heute sichtbare Spuren der Kilchberger Familien in der Stiftskirche

Dazu ist der Sitzplatz im Schiff zunächst gut geeignet.

  1. Ein Bild im nordöstlichen Glasfenster oben mit dem Ehingersparren (links oben)

3.2 In der südöstlichen Seitenkapelle erscheint dieses Wappen wieder.

3.3 Das Grabmal von Closen in der Vorhalle der Stiftskirche

3.4 Von den Familien Leutrum von Ertingen und von Tessingibt es heute in der Stiftskirche offensichtlich keine Spuren.


4. Weitere Zusammenhänge zwischen der Kilchberger Kirche und der Stiftskirche

4.1 Die Künstler der Kilchberger Grabmäler

4.2 Steinmetzzeichen in der Kilchberger Kirche und in der Stiftskirche

4.3 Die Kilchberger Prädella mit Heiligenfiguren gehörte nicht der Stiftskirche

***


1. Teil: Die Gruppe sitzt im Schiff etwa in der 10. Reihe, von wo aus man

2. Teil: Chor und SÖ-Seitenkapelle

3. Teil: Am Hans-Augsteindreyer-Bildnis und an der NW-Seitenkapelle mit dem

Firstwappen vorbei zur Vorhalle





Kilchberger Adlige in Tübingen und in der Stiftskirche


1. Kurzer Überblick über die Herren von Kilchberg von 1236 bis 1806 (bzw. Schlossherren von Kilchberg bis heute) – siehe Beiblatt, Übersicht von Eugen Finkbeiner aus der Kilchberger Kirche)







Zur Einführung kurz ein Überblick über die Kilchberger Adelsfamilien:


0 Fragliche frühere Nennung von Kilchberg:

Hiltrud von Kilchberg“ taucht um 1100 in einer Chronik des Klosters Zwiefalten auf. Welches Kilchberg das war, wissen wir nicht.1




1. Nennungen von Kilchberg:

1986 feierte Kilchberg sein 750-Jahr-Jubiläum:

1. Ein Heinricus de Kirchberc taucht in dieser Zeit um 1236 in den Urkunden auf. Welcher Familie er entstammt, wissen wir nicht.


Im Jahr 1236 hat der Pfalzgraf Wilhelm von Tübingen seine Tochter Adelheid mit Kuno von Münzenberg verheiratet und darüber eine Urkunde ausgestellt. Als Zeuge war anwesend ein Heynrikus de Kirchperc. Diese Urkunde dient den Geschichtsforschern als erste Nennung Kilchbergs. Im Jahre 1261 taucht als Nachfolger der Name "Lescher" und die Schreibweise "Kilchberg" erstmals auf.


2.Lescher (1261-1437):

Ab 1261 lässt sich die Reutlinger Familie der Lescher in Kilchberg nachweisen.

1261 Fridericus Lescharius , 1292 („Fridericus de Kilchperch dictus Lescher“): Friedrich und Heinrich Lescher und ihre Schwester Tilia (WUrkundenbuch online!). Weitere Lescher-Nennungen: 1302, 1307, 1312, 1333, 1342, 1368, 1370, 1373, 1379, 1389, 1393, 1411,1413, 1414, 1416,1436, 1437 (nach Wikipedia.org: Kilchberg)

Konrad Lescher wird als Raubritter 1389 gefangen, bekommt von Eberhard dem Milden 1393 seinen Besitz zurück.

1. Verbindungen der Lescher mit Ehingen durch die Heirat von Burkhard („der mit dem Zopf“) von Ehingens Witwe mit Konrad Lescher (Nach Karl Krauß, Streifzug...S. 16)

Lescherwappen: Steigender Halbmond mit drei darunter- und einem darüber liegenden Stern.


3. Ehingen (1437-1608):

Ab 1429 finden wir die von Ehingen mit Besitztümern in Kilchberg, ab 1437 auch im Besitz der Burg: Rudolf von Ehingen, Sohn des Burkards von Ehingen. Die Familie derer von Ehingen besaß Kilchberg in sechs Generationen bis 1608.


4. Closen (1608-1721):

Nach Georg des III. von Ehingen Tod ging der Besitz an seinen Schwiegersohn Hans Urban von Closen zu Heidenburg (ooMagdalene von Ehingen) über. Wegen übergroßer Schulden wird Kilchberg von den Vormündern des letzten Closen 1721verkauft an


5. Leutrum von Ertingen (1721-1766/77):

Karl Magnus Leutrum von Ertingen und nach seinem Tod 22.1.1738 (gest. in Wien) durch Verkauf an den Vetter Ernst Friedrich Leutrum von Ertingen, dessen Großmutter eine von Closen war. Ernst Friedrich, geb. am18.6.1690, starb am 5.5.1760, Ernst Friedrichs Sohn Ludwig Christoph lebte bis 8.4.1765, ohne Nachkommen in Kilchberg.

(Krauß, Streifzug S. 25). Ernst Friedrich hat (Erbteilungsvertrag 1740) von seinem Vater Kreßbach, Eckhof, ein Haus in Tübingen (Münzgasse 7) und Teile von Wankheim geerbt.

Ernst Friedrich starb 1760; er hinterließ 4 Töchter , von denen zwei in die Familie St. André einheirateten.Die dritte Tochter blieb ledig, die vierte, Anna Philippine Elisabeth heiratete 1755 in die Familie von Tessin: Johann Ferdinand Freiherr von Tessin. 1779 starb Anna Philippine Elisyabeth.: Kilchberg kam an ihren Mann, Johann Ferdinand von Tessin.


6. Tessin (1777-heute): Bereits 1755 hatte der Freiherr Johann Ferdinand von Tessin in die Familie, die vierte und jüngste Tochter von Ernst Friedrich von Leutrum, eingeheiratet.

Es war Anna Philippina Elisabeth von Leutrum; Johann Ferdinands zweite Frau Sophie Friederike Dorothea geb. von Wöllwarth wurde die Stammmutter der Kilchberger Tessin bis zum Tod von Magnus von Tessin (1911-1987)

Johann Ferdinand von Tessin hat das Schlossgut im Jahre 1779 geerbt. In dieser Familie ist das Schloss noch heute, genauer: Die jetzige Besitzerin, Christa von Tessin, die zweite Frau von Magnus von Tessin (1911-1989), ist durch ihre väterliche Familie St. André eine Ur-ur-ur-ur-ur-Enkelin von Ernst Friedrich Leutrum von Ertingen (1690-1760). Sie stammt dadurch auch von den von Closen und von Ehingen ab, wie sie in einer ihrer Veröffentlichungen selbst schreibt2. Dabei betont sie, dass sie beim Einschlafen und Aufwachen immer die Kapelle vor Augen hat, die ihr Ahn Georg I. von Ehingen im 15. Jahrhundert (wohl 1494, 1501 vom Konstanzer Bischof geweiht3) gebaut hat.4


2. Zu den Verbindungen der Freiherren mit der Tübinger Stiftskirche,

die nur aus den Akten belegt werden können


2.1 Kirchenbücher

Zunächst gehe ich davon aus, dass Angehörige aller dieser Familien, wenn sie auch in Kilchberg wohnten, sich auch in Tübingen zeitweise aufhielten und sich dann in der Stiftskirche sicherlich zu Gottesdiensten und zu Taufen und Hochzeiten anderer Familien aufgehalten haben.


Beispiele für nähere Verbindungen zur Stiftskirche zeigen andere Adelsfamilien wie die Familie


An sich haben ja adlige Familien haben selten in der (bürgerlichen) Stiftskirche Taufen abgehalten.

Die Herren von Ehingen z. B. hatten ja seit 1501 ihre eigene Schlosskapelle, in der bis 2006 immer Taufen stattfanden und stattfinden (so erst jüngst im Jahre 2009).

Ebenso konnten auch Hochzeiten in Kilchberg vollzogen werden,

wie z. B. die Hochzeit am 24.2. 1818 „in der großen Stube im Schloss“ Kilchberg (Charlotte Eleonore v. C. mit Wolfgang Jakob Umgelter von Dießenhofen).


Aber es gab sicher Gründe, Taufen auch in der Stiftskirche vollziehen zu lassen, z.B. wenn man fest in Tübingen wohnte oder wenn man in irgendeiner Not war.


Taufen:

So konnte ich in den Taufbüchern von 1573 bis 1805 annähernd 20 Taufen finden, die wohl alle hier in der Stiftskirche stattgefunden haben. Oft sind viele Paten verzeichnet, immer wieder auch pauschal nur viele Nobiles oder manchmal auch gar keine Paten; man muss aber annehmen, dass bei den Taufen selbst nur ein kleiner Teil der Paten anwesend war.


Für Kilchberg kann bei der Taufe von Imm. Ferdinand von Tessin 2.12.1789, einen Tag nach der Geburt, nachgewiesen werden, dass nur vier Paten anwesend waren und weitere 19 als nicht anwesend bezeichnet wurden!


Die erste Taufe vom 4. Sept. 1573 betrifft Anna Maria von Ehingen (siehe Abbildung), ein uneheliches („illegitim“) Kind des Jerg von Ehingen und einer Frau namens Margaretha (?). Dazu werden lediglich zwei bürgerliche Paten genannt. Wer war der Vater?



Vielleicht der Herr von Kilchberg: Der Kilchberger Georg III. von Ehingen war allerdings seit fünf Monaten mit Maria Magdalena von Preising verheiratet.


von Closen:

Die meisten dieser Taufeintragungen stammen von den Familien von Closen aus den Jahren 1598 bis 1635 – diese Kinder hatten, nach der Liste der Taufpaten zu urteilen, sehr viele und vor allem prominente Paten. Von ihnen waren sicher in diesen schwierigen Zeiten nur wenige bei der Taufe persönlich anwesend, vor allem in den Jahren als die Kriegsgräuel des 30-jährigen Krieges Tübingen und Kilchberg überzogen.

In den Taufbüchern sind verzeichnet (Hervorhebungen durch den Vf.):

1598 November 27: Taufe von Johannes Friedrich v. Closen, Eltern Junkher Johannes Urbanus v.C. und Maria Magdalena. Zwei Paten: Katharina, Hanns Wertzes (?) Weib, Herr Friedrich Hertzog zu Würtemberg

1600 November 11: Taufe von Maria Salome v. Closen, Eltern Junkher Johannes Urbanus v.C. zu Neuneck und Maria Magdalena

1623 Oktober 7: Taufe von Sophia-Blandina v. Closen, Eltern Friedrich Augustus von Closen. Maria von Closen geborene Plaßenburg. Paten: Graf Heinrich von Solms/.....Leopold vom Stein/ David von Stein/ Joachim von Grünfeld- (?) / Vitus Theodosius von Lieb (?) /Sophia Markgräfin von Brandenburg geborene Solms

1626 Dezember 12: Taufe der Zwillinge Georg Rudolf und Maria Sidonia v. Closen, Vater Georg-Stephan von Closen. Keine Mutter, keine Paten

1627 April 29: Taufe von Philippina-Roxena v. Closen, Vater Augustus von Closen. Keine Mutter, Paten: Nobb. (sonst nichts)

1628 Mai 8: Taufe von Philippus-Jakob v. Closen, Eltern: Georg-Stephanus v. C. und Maria-Magdalena geborene von Eyb: Paten: Princeps Wirttemberg und noch xxii Nobb. Personae.

1628 Juni 19: Taufe von Rosamunde Juliana v. Closen, Eltern: Johan Friedrich v. C. und Maria-Jacobaea von Closen geborene von Rüßt. Sehr viele Paten:

Illustris et serenissimus princeps, Eberhardus, princeps Wirtemb / David

Freiherr von Stain. Und viele andere.


Bild 1a: Facsimile von 1628





1629 Mai 20: Taufe von Sigismund Adam v. Closen, Eltern Augustus von Closen. Maria von Plaßenburg. Paten: Nobb.

1630 September 16: Taufe von Eva Maria v. Closen, Vater Herr August von Closen. 4

Paten, an 1. Stelle ....Osiander

1631 Dezember 29: Taufe von Juliana Heinrica v. Closen, Eltern: Junkher Augustus von Closen, Maria geborene Blassenburg. Paten: Nobb. (sonst nichts)

1632 September 9: Taufe von Georg Stephan v. Closen, Vater Georg Stephan v. C. etc. Keine Mutter. Paten: Julius Fridericus, Dux et administrator de Wirtemberg etc et alii ex equestri dignitate (...und andere aus ritterschaftlicher Würde)

1633 Februar 2: Taufe von Gustava-Helena v. Closen, Eltern Augustus v. C. Maria

Paten: Multi Nobels urtiusque sexus (viele Adlige beiderlei Geschlechtes)

1633 Oktober 16: Taufe von Georg-Gustav v. Closen, Eltern Georg Stephan v. C. Maria Magdalena von Eyb. 10 Paten: Sylvius Nimrod, Dux Wirtemb./ Johann von der Bemoken (?) Schw. Obriste/ Johann-Friderich. S.R.I. Leibtrukses (?)/Balthasar von Frankenberg ....?.../ Friderich Casimir Chanoffsky von Langendorff/ Julia Felicitas Hertzogin zu Wirttemb./ Christina-Agatha Erbtruchessin/ Ursula Guotin von Sultz/ Veronica von Giltlingen/ Franziska Fauberinnn von Randorff etc

1635 Juli 25: Taufe von Ludowicus Ferdinandus v. Closen, Eltern Augustus Friderich v. Closen zu Kilchberg und Wankheim, Maria von Closen geborene von Blastenburg-V. 23 Paten: siehe Facsimile



Bild 1b: Facsimile von 1635

Wenn man die Liste durcharbeitet, kann man die Familien von drei Brüdern derer von Closen feststellen, deren Kinder von 1623 bis 1635 in der Stiftskirche getauft wurden, vor- und nachher geborene Kinder dieser Familien aber nicht!





Aus diesen Eintragungen kann geschlossen werden, dass ungefähr von 1623 bis 1635 die Familie des Georg Stephan von Closen, der Kilchberg besaß, und die Familien von August Friedrich von Closen6 und Johannes Friedrich von Closen in Tübingen ihren Lebensmit­telpunkt hatten, möglicher­weise wegen der Wirren des 30-jährigen Krieges und der Pest­gefahren: Die letzte dieser Taufen fand am 25. Juli 1635 statt: Das war eine schlimme Zeit!

In Kilchberg wollte die Familie des Ortsherren nicht leben: Im Totenbuch werden 68 Sterbefälle aus diesem Pest-Jahr genannt.

Auch August Friedrich von Closen starb in diesem Jahr an der Pest, obwohl er aus diesem Grund extra „vor dem großen Sterben“ nach Kreßbach geflohen war.


Leutrum von Ertingen:

Aus dem Jahr 1694 stammt ein Taufeintrag der Familie Leutrum von Ertingen: Es ist Carl Sigmund, der Sohn eines „Herrn von Leutrum“ – sonst keine weiteren Angaben, keine Mutter, keine Paten werden genannt, obwohl auf dieser Seite diese Angaben sonst immer vorhanden sind. Der Eintrag wirkt flüchtig.

Ein weiterer Leutrum-Eintrag braucht dagegen 1 ½ Seiten des Taufbuches:

Am 23.10.1752 wurde getauft:

Maria Josepha Eleonora Johanna Friderica Anna,

Tochter von:

Ihro hochfreih. Gn(aden) Herr Carl Philipp Baron Leutrum d’Ertingen, Obrist-Lieutenant.... Ihro Gn. Frau Maria Anna Walburga Theresia .....Reichsgräfin von Truchseß. Über 15 meist adlige Paten sind mit allen Titeln angeführt!

Ob sie aus der Kilchberger Leutrum-Familie stammt, vermag ich nicht zu sagen.


Von Tessin:

Zur Familie von Tessin konnte ich in den Tübinger Tauf- und Familienregistern nur einen Familienregistereintrag entdecken:

Johann Ferdinand von Tessin oo1 1755 Anna Philippina Elisabeth Leutrum v. Eringen

ooII 1779 Sophie Frid. Dororthea von Wöllwarth7

Es sind alle 10 Kinder aufgeführt (wie auch im Kilchberger FReg. Ia 97), bei den chronologisch nicht korrekt eingetragenen Kindern 5-10 (außer Nr. 7) ist aber auch das Konfirmationsjahr vermerkt. Heißt das, dass sie in Tübingen konfirmiert und damit mindesten von 1795-1806 die Familie von Tessin in Tübingen lebte?


Weitere mögliche Stiftskirchenbesuche:

Manche freiherrlichen Familienmitglieder waren Studenten in Tübingen und lebten sicher eine Weile in Tübingen,

so z.B. Georg II. von Ehingen und sein Vetter Hans von Ehingen, genannt der Reiche, die 1505 in Tübingen inscribiert wurden; Georg hatte später viele Kontakte mit protestantischen Gelehrten in Tübingen – auch das ein Grund seines Übertrittes zum Protestantismus.8 Ebenso sein Sohn Jakob von Ehingen, 1540 inscribiert, seit 1561 in Kilchbg, katholisch geblieben!

Jakobs Frau Magdalena geb. von Gemmingen lebte nach dessen Tod von 1576-1607 in Tübingen; da Jakob katholisch geblieben war, kann ich nicht sagen, ob Magdalena die Stiftskirche besucht hat.

Christian Wilhelm von Tessin (geboren 1786) hat ebenfalls die Tübinger Universität besucht, und wohnte auch nach seinem Studium zeitweilig in Tübingen, bis er 1825 schließlich heiratete und seinen Wohnsitz in Kilchberg aufschlug.


Sicherlich haben manch andere Familienmitglieder der freiherrlichen Familien in Tübingen gewohnt, an der Universität studiert und in dieser Zeit auch die Stiftskirche besucht, möglicherweise bis in die Gegenwart. Dieses im Näheren zu untersuchen habe ich für diese Stiftskirchenführung nicht geleistet.


Nikolaus von Tessin (geb. 1919, gestorben um 1999, beerd. in Dortmund), der jüngere Bruder des letzten Kilchberger Tessin, Magnus von Tessin, lebte noch 1991 in Tübingen in der Waldhäuserstraße.



















2.2 Andere Akten: Ein Grundriß aus dem Jahr 1816

BILD 2

Für die Familie Leutrum von Ehingen kann in den Akten ein Beweis für ihre Anwesenheit belegt werden:


Die Familie Leutrum von Ertingen hatte in der Stiftskirche einen gekauften Sitzplatz, vielleicht sogar abschließbar. In der Stiftskirche konnten bis 1846 Sitzplätze und „Kirchen­stühle“ gekauft werden.9 Auf einem Plan aus dem Jahr 1816 kann man deutlich in der südlichen Mitte gegenüber der Kanzel das Worte „Leutrumsche Stühle“ lesen. Ernst Friedrich Leutrum von Ertingen wurde am 17.6.1690 im Haus seiner Großeltern mütterlicherseits in der Münzgasse 7 geboren10, es ist jedoch kein Taufeintrag vorhanden, wohl aber von seinem Bruder (?) Carl Sigmund, getauft am 13.4.1694.11

Die „Leutrumschen Stühle“ lagen an vornehmer Stelle, sie hatten sicherlich ein Sichtgitter, das sie von der übrigen Öffentlichkeit etwas trennte, und einen separaten Ausgang auf den Kirchplatz nach Süden.

Später (oder früher?) befanden sich an dieser Stelle die Prinzenstühle, gedacht entweder für die Prinzen aus dem Königshaus von Württemberg oder für die vielen Prinzen, die bis 1806 sich im Wilhelmsstift aufhielten (Frdl. Mitteilung von Herrn Mesner Rolf Kern).

Bild: Facsimile aus Jantzens Buch:





Ausschnitt: Heutiges Aussehen:


Teile des Prinzenstandes sind auf der Kirchenbühne 2010 noch erhalten (frdl. Mitteilung von Herrn Mesner Rolf Kern).

















3. Noch heute sichtbare Spuren der Kilchberger Familien in der Stiftskirche


Die Familie von Ehingen:

Weit über Kilchberg hinaus bekannt sind einzelne Mitglieder der Familie von Ehingen. Es scheint mir deshalb angebracht, hier auf einzelne Mitglieder näher einzugehen, in erster Stelle natürlich auf den berühmten Georg v. Ehingen.


Georg I. von Ehingen12, 1428 als viertes Kind von Rudolf I. in Entringen geboren, wuchs dort neben anderen hundert (100! – Bild in der Hohen-Entringer Gaststube!) Kindern aus 5 Familien, wie er in seiner Autobiographie schreibt, auf.





BILD: Seit 1877 gehört Hohenentringen zum Besitz der Familie der Freiherren von Ow-Wachendorf. Besucht man heute das Schloss, so kann man im großen Saal der Gastwirtschaft die Wappen ehemaliger Burgherren betrachten, darunter auch das Wappen der Familie Mohr de Sylva. Über der Tür zum Nebenzimmer hängt das Bild, das 1913 von Gunhild von Ow gemalt wurde. Es zeigt den Zug der fünf Familien vom Schloss ins Dorf, wie ihn sich die Malerin vorgestellt hat. Die Familie von Ehingen hat ihren Entringer Besitzanteil schon verkauft.



1446-1453 weilt Georg in Innsbruck am Hofe des Fürsten Sigmund von Österreich, danach am Hof von Herzog Albrecht VI. von Österreich und seiner Frau Mechthild in Rottenburg.

Mechthild stammte aus dem Pfalzgrafenhause in Heidelberg und war in erster Ehe (1434) mit Graf Ludwig I. von Württemberg (gest. 1450) verheiratet. Nach Albrechts Tod (1463) blieb sie in Rottenburg bis zu ihrem Tod 1482.

1454-1458 machte Georg große Reisen, die er selbst beschrieben hat, in den nahen Osten und nach Westeuropa. Darüber später mehr.

Ende 1458 ist Georg wohl wieder in der Heimat; sein Vater Rudolf I. von Ehingen

(1378-1467), seit 1420 württ. Dienstmann, der 1437 Kilchberg gekauft hatte und Erzieher des jungen Grafen Eberhard seit 1450 und seit 1455 in Tübingen war, nach dessen Mündigkeit 1459 Berater.13

hatte ihm, dem jüngsten seiner 4 Söhne, 1459 Kilchberg zugeteilt und sich nach Güterstein zurückgezogen.14


Georg war von 1460-1508 einer der wichtigsten Räte Graf Eberhards im Bart und seiner Nachfolger, er war Brautwerber Eberhards und führte viele andere Aufträge aus.

Er war, wie Karl Krauß 15schreibt, bei den sehr schwierigen Verhandlungen mit der Stadt Tübingen als einer der fähigsten und mit diplomatischem Geschick begabten Räte Eberhards beauftragt worden und erbrachte sie zum erfolgreichen Abschluss, der am 9.10.1477 mit dem Freiheitsbrief besiegelt wurde. So war Georg in Tübingen ein hoch geachteter Mann der in der Erbauungszeit der Stiftskirche in Tübingen großen Einfluss und vielleicht auch Hausbesitz in der Langen Gasse 3 hatte (nach mündl. Tradition, wie Karl Krauß schreibt.16).

Das große Anwesen Münzgasse 14-16 gehörte ihm jedoch sicher nicht17; Georgs Wappen war ein Sparren auf schwarzem Grund, das der Familie First ein Sparren auf rotem Grund.








BILDER: Georg von Das Wappen der Familie von First

Ehingen auf dem in der NW-Kapelle am Portal der Münzgasse 14

Standflügel des der Stiftskirche

Kilchberger Altars

aus: Karl Krauß...

Titelseite mit Bild Georgs

und Wappen der

Familie von Ehingen


Exkurs zur Münzgasse 14-16:

Ein dem Ehingschen Wappen ähnliches Wappen suggeriert, dass die Familie von Ehingen in dem schönen, sehr großen Anwesen Münzgasse 14-16 residiert hat, das eines der schönsten Häuser in der Münzgasse ist

Es ist ein weißer Sparren auf rotem Schild.

Auf der rechten Seite befindet sich ein weiteres Wappen, ein roter Schild, mit goldenem Querteilungsbalken und einem darüber liegenden Stern: Dieses gehört zur Familie von Neuneck.

Das linke Wappen gehört jedoch der Familie von Fürst bzw. First, eine Familie, die bei Öschingen ihre Stammburg hatte und ebenfalls in der Stiftskirche ihre Spuren hinterlassen hat: Hans Konrad First, gestorben 1561 und seine Frau Anna von First geb. von Neuneck (Knöll Nr. 82 und Nr.95). Beide hatten keine eigenen Kinder, sondern als Adoptivtochter die Tochter von Annas Schwester Katharina von Neuneck und deren Gatten Kaspar von Annweil bei Anna von First auf.

Die Familie von First hatte auch in der Stiftskirche eine Stifterkapelle: Es ist die letzte Kapelle an der Nordseite des Schiffes, rechts vom Bild von Hans Augstaindreyer. Das Fenster schließt nach oben mit der Darstellung des hlg. Georg, darüber ist rechts oben das Wappen der Familie von First:



Die NW-Kapelle in der Stiftskirche



Beim Bau der Stiftskirche wurde die wichtige Rolle Georgs I. von Ehingen gebührend berücksichtigt:

Das Ehingen-Wappen kann zweimal in der Stiftskirche gezeigt werden; es geht sicher auf Georg I. zurück:

3.1 Ein Bild im nordöstlichen Glasfenster oben (links oben)

zeigt das Wappen von Georg von Ehingen: (siehe nächste Seite): Unter dem Sensenmann (Knochenmann) ganz oben Mitte ist ein Wappenschild erkennbar mit goldenem Sparren auf schwarzem Schild.

Die Fenster im Chor der Stiftskirche stammen von Peter Hemmel von Andlau und sind kurz nach der Erbauung des Chores eingesetzt worden. Leider sind sie im Lauf der Jahrhunderte dezimiert und neu in die Mitte des Chorabschlusses angeordnet worden.

Pfarrer Dr. Jantzen hat versucht, aus den übrig gebliebenen drei Fenstern ein Programm zu entwickeln, den acht Fenstern zuzuordnen und ihnen Namen gegeben; unser Fenster ist das Georgsfenster.18


Linkes Fenster von unten:

Unten ist - wie im Mittelfenster - Graf Eberhard und seine Frau Barbara von Gonzaga abgebildet, in der Mitte sind zwischen ihnen die Heiligen Christophorus, Barbara und Sebastian.

Achte Reihe: Sieg Georgs über den Drachen

Zehnte Reihe, unter dem Sensenmann: Wappen Lutz und Georgs von Ehingen als Stifterwappen.

Jantzen schrieb über die Plazierung dieses Wappens an dieser Stelle:

Einen nicht zuzuordnenden Fremdkörper in der zehnten Zeile des Nordfensters bildet in der Mitte zwischen den Stifterbildern Konrad Lutz und Ursula Becht das Wappen Georg von Ehingen.“19

Das mag durchaus sein; Georg von Ehingens Wappen über den Kampf des Hlg. Georg mit dem Drachen platziert zu sehen halte ich für sinnvoll.

Interessant sind die Einzelheiten in diesem Fenster, die man mit bloßem Auge kaum sieht:

  1. Unten links: Ein Schwan

  2. Darüber: Ein Schwert (Griff oben)

  3. Darüber: Ein Kreis mit Schuppen

  4. Unten rechts: Ein Granatapfel:

  5. Darüber: Die Kanne aus Aragon

  6. Darüber: Ein Halsband mit S und angehängtem Zahnrad







Diese Orden sind Hinweise auf Georgs Fahrten „Nach der Ritterschaft“, die ihn ins östliche Mittelmeer und nach Westeuropa führten.

Georg hat diese Fahrten selbst beschrieben; Karl Krauß und Wilfried Setzler haben sie in modernes Deutsch gebracht.

1. Zuerst beschreibt Georg seine Zeit bei habsburgischen Fürsten, in Innsbruck, Vorder­österreich, v. a in Rottenburg, Wien und Prag,

2. dann – nach Kilchberg zurückgekommen beschloss er - nach der Eroberung Konstantinopels durch die Türken 1453 – auf den Rat seines Vaters hin ins Heilige Land zu ziehen. Im Frühjahr 1494 machte er sich mit dem Johanniterorden auf den Weg: Er kam über Venedig zuerst nach Rhodos (wo er einen „Dorn aus der Krone des Herrn“ bekam (S.29) –diese Reliquie übergab er dem Vater in Kilchberg für seine Kapelle (S.30).

Er fuhr weiter nach Zypern, dann nach Beirut (Ort der Sage, dass der Hlg. Georg den Drachen überwunden habe - Setzler S. 29), Nazareth, Jerusalem, Damaskus, Alexandria, Zypern, wo er den Schwertorden erhielt, wieder nach Rhodos, Venedig und dann nach Kilchberg. Fast ein Jahr bleibt er in Rottenburg und Freiburg („Seine Gnaden beehrte mich sogar mit dem Salamanderorden“)

  1. Er will weiterreisen und sich als Ritter bewähren (obwohl damals tiefster Frieden in allen Ländern der Christenheit herrschte.“ S. 40: Original: „Eß war och guotter frid in allen rychen der kristenhait.“Krauß, Georg v. E. S.21).

So bricht Georg vermutlich in der ersten Hälfte 1456 nochmals auf, bekommt einen vieler Sprachen mächtigen „Herold“ und kommt nach Frankreich und Navarras Hauptstadt Pamplona, über Santiago de Compostela nach Portugal (S.33), um gegen die „Heiden“ bei Ceuta zu kämpfen. Man konnte die Heiden bei der Belagerung abwehren und ihnen bei ihrem Abzug folgen; dabei bot sich ein „mächtiger Heide“ zum Zweikampf mit einem christlichen Ritter an, den Georg – natürlich – gewinnt (Setzler S. 37, Krauß, Georg v.E. S. 31). Georg wird gefeiert und zieht zurück nach Lissabon, dann nach Spanien zum Kampf bei Granada und nach vielen äußerst grausamen „Heldentaten“

  1. mir zerschlaifften, verbranntten und schluogen zuo dod, waß mir funden“ Krauß S. 36) –

zurück nach Spanien.

Dort erhielt er vom König drei Orden (Setzler S. 41, Krauß, Georg v.E. S.37):

Weiter geht’s wieder nach Portugal, Frankreich, England („der König überreichte uns den Orden seiner Gesellschaft“), Schottland (Königin war eine Herzogin von Geldern). Hier bricht der Bericht ab, Georg dürfte 1459 wieder in Kilchberg gewesen sein.

Krauß vermutet, dass der Bericht viel später geschrieben wurde, weil eine Fußverletzung ihm später noch zu schaffen machte:…so begaben wir uns nach Granada …vor der Stadt ….Löchlein im Schienbein…(S.40f)


  1. In der südöstlichen Seitenkapelle erscheint dieses Wappen wieder.



Bild: „fundator huis prebende“


Über einer stilistisch sehr schön gemalten weißen Lilie mit Schriftband „fundator huius praebendae“ (Stifter dieser Pfründe)20 …..






. sieht man links das Wappen der Familie von Ehingen, den Sparren, mit Bügelhelmen auf beiden Seiten: links ein armloser Mann mit Krone und goldenem Sparren auf dem Gewand, rechts einen aufsteigenden goldenen Löwen mit roter Zunge, Krone und drei Straußenfedern.

Der rechte Schlussstein enthält in einem schwarz und rot geteilten Schild das Wappen der Familie von Richtenberg, einen Löwen.





In der Mitte zeigt in rot ein goldenes geschwungenes Schriftband und in Minuskelschrift den Namen „ehingen“.

Mit beiden Familienwappen ist sicherlich Georg I. von Ehingen gemeint, dessen bürgerliche Frau Anna Ülin später mit einer Anna von Richtenberg gleichgesetzt wurde.21


Das Ehingenwappen der Name „ehingen“






Das Ehingenwappen mit armlosen Mann das Richtenbergwappen







Exkurs: Die Kilchberger Erben Georgs I. :

Sohn: Nachfolger Georgs I. wurde in Kilchberg Rudolf II (1465- 1538), 1488 verheiratet mit Sophie von Neuneck), der in seiner Jugend die Tüb. Uni besucht haben soll.22

Rudolf war bis 1519 einer der wichtigsten Räte des Grafen Ulrich, er bekleidete 1517-1519 das Amt eines Landvogtes in Mömpelgard. Nach 1519 war er – mit Ulrich wegen der Gefangensetzung seines Bruders Thomas in Mömpelgard – der daran 1520starb – zerworfen Er war nun Rat der Habsburger Regierung, beim Bauernkrieg militärischer Beirat des Georg von Waldburg.

1534 zog sich Rudolf nach Kilchberg zurück Er verlor nach Ulrichs Rückkehr alle seine württ. Lehen., Kilchbg, Wankheim, den Hof Eck, das Haus in Tübingen, konnte sie jedoch noch 1534 unter Berufung auf den Kadener Vertrag“ zurückbekommen.23

Enkel: Rudolf des II. Sohn war Georg II. (1490-1561).

Georg II. war es, der 1559 in Kilchberg die Reformation einführte, er starb 1561, sein Epitaph in Kilchberg stammt wahrscheinlich von Leonhard Baumhauer, dem in der Stiftskirche das Grabmal für Herzog Christoph zugeschrieben wird.24

Ur-Enkel: Nachfolger wurde Georg des II. kath. gebliebener Sohn Jakob ( 1520-1576), dessen Frau nach seinem Tod bis 1607 in Tübingen lebte. Jakob ließ jedoch seine beiden Söhne evangelisch erziehen:

Ur-ur-Enkel: Burkhard (1545-1596) und sein Bruder Georg III. (1547-1608) waren die letzten männlichen Kilchberger in Kilchberg.


3.3 Das Grabmal von Closen in der Vorhalle der Stiftskirche betrifft keinen Kilchberger Freiherren. Es ist das Epitaph für Sigmund Adam von Closen (1629-1668) und seine Gattin Esther, geb. Freiin von Bernerdin (1628-1690) gibt es in der Vorhalle der Stiftskirche ein sehr schönes Epitaph in der Mitte der Westwand.

Der Großvater25des Sigmund Adam von Closen, Hans Urban von Closen, war der Konfession aus Niederbayern wegen nach Württemberg gekommen und hatte hier die Erbtochter der Ehinger, Maria Magdalena geheiratet. Hans Urban hatte schon 1605, noch vor Antritt des Ehingschen Erbes, das Gut Bläsiberg gekauft. Im Jahre 1624 teilte Hans Urban seine Besitztümer unter seinen Kindern auf:



Der Kilchberger Closen, Georg Stephan, erwarb um 1643 in der Münzgasse in Tübingen das Haus des Christoph Randauer. Nach dem Tod von Stephan Friedrich verlegte seine Witwe ihren Wohnsitz nach Mühlhausen am Neckar. Unter Georg Stephan, seinem Sohn und seinen Enkel kam es zum finanziellen Niedergang des Geschlechtes, in Kilchberg selbst haben sich nach Karl Krauß26 wenige Akten erhalten. Die Erben mussten Kilchberg 1720-1721 verkaufen: Dorf und Schloss kamen an Karl Magnus Leutrum von Ertingen.


Sigmund Adam von Closen war ein Sohn von August Friedrich von Closen, der halb Wankheim und den Eckhof bekommen hatte. Er war ein Urenkel des letzten Ehingers Georg III. und seiner Frau Maria Magdalena von Ehingen geb. von Preysing.










Abb. aus Westermayer, im Epitaph sind allerdings die Closenschen Schwäne bzw Punkte andersherum zu sehen.



Das Grabmal enthält folgenden Text

(aus Knöll Nr. 91):


Sigmund Adam von Closen (1629-1668)

und seine Gattin Esther, geb. Freiin von Bernerdin

(1628-1690)

Linke Seite oben:

Zu [.] P[-] / Christus ist [mein] / Leben. Sterben ist [mein] / gewin, ich hab Lust ab= / zuscheiden vnd bei / Christozusein.1

Links unten:

ALHIE RUHET IN / CHRISTO, DER WOHL= / [GE]BOHR(EN)E HERR, HERR / SYGMU(N)D ADAM FREY= / HERR VO(N)2CLOSE(N), ZU HEYD= / E(N)BURG, AUFF WA(N)CKHE(IM) / V(N)D FÖCKH. WELCHER / AN(N)0 1668. DE(N) 17. SEP. / ZU BLYDERHAUSSE(N), IN / SEINE(M) ERLÖSER SEE= / LIG E(N)TSCHLAFFE(N), / SEINES ALTERS, / [39.]3 IAHR, 4. MO(N)AT, / 4. TAG. DEME DER / HÖCHSTE GOTT / AN SEINE(M) GROS=/ SEN TAG EINE / FRÖLICHE AUF= / FERSTEHUNG / VERLEIHEN / WOL[L]E. AM[EN].

Rechte Seite oben:

[-] / [Er]hör[e mich wenn ich] / [rufe Gott] meiner gerecht= / ig[keit, der] du mich tröst= / est in angst, sey mir g(n)äd= / ig, und erhöre mein / Gebet.4

Rechts unten:

AN(N)0 1690 DEN / 25 AVG: IST IN GOTT / IHRE(M) ERLÖSER CHRISTO / SEELIG ENTSCHLAFFE(N) / DIE WOHLGEBOHRNE / FRAW, FRAW ESTER / VON CLOSEN, GEBOHR= / NE FREYN VON BER= / NERDIN. IHRES / ALTERS 62 IAHR, / 7 MONAT, 7 TAG / DERN LEICHNA(M) / DER ALLER= / HÖCHSTE AN / SEINEM GROS= / SEN TAG MIT / FREWD[E E]R= / WÖCKHEN / WOL[LE] / [AMEN]5



3.4 Von den Familien Leutrum von Ertingen und von Tessin gibt es heute in der Stiftskirche offensichtlich keine Spuren.


4. Weitere Zusammenhänge zwischen der Kilchberger Kirche und der Stiftskirche


Die Kilchberger Kirche ist eine besonders schöne Dorfkirche, sie zu besuchen lohnt sich auf jeden Fall!


Drei Verbindungen mit der Stiftskirche müssen hier genannt werden:


4.1 Die Künstler der Kilchberger Grabmäler:

Zwei der Kilchberger Grabmäler stammen von Künstlern, die auch im Chor der Tübinger Stiftskirche gearbeitet haben:

- Die Tumba für Herzog Christoph (gest. 1568) in der Stiftskirche stammt von Leonhard Baumhauer aus Schwäbisch Gmünd. Das Epitaph für Georg II. von Ehingen (gest. 1561) in Kilchberg wird diesem Künstler ebenfalls zugeschrieben.






- Die Tumba für Herzog Ludwig (gest. 1593) stammt von Christoph Jelin, ebenso auch das Epitaph Burkards von Ehingen (gest. 1596) in der Kilchberger Kirche.
















4.2 Es gibt Steinmetzzeichen, die in der Kilchberger Kirche und in der Stiftskirche identisch sind. Sie stammen von Hans Augstaindreyer aus Wiesensteig, der die Stiftskirche erbaut hat.







Karl Krauß hat diese in Kilchberg, Hermann Jantzen in Tübingen systematisch erfasst.27


4.3 Die Kilchberger Prädella mit Heiligenfiguren gehörte nicht der Stiftskirche

Pfarrer Hermann Jantzen hat im Anhang seiner Monographie über die Stiftskirche die in Kilchberg befindliche Prädella mit Heiligenfiguren (über der Sakristeitüre) als „Reste des Hochaltars der Tübinger Stiftskirche in der Kirche von Kilchberg“ reklamiert und auf seinen Aufsatz in den Blättern für württ. Kirchengeschichte 1987 verwiesen. Karl Krauß wider­spricht dem eindrücklich in seiner Schrift über die Kilchberger Martinskirche.28

Als Kilchberger schließe ich mich natürlich Karl Krauß an.






Literatur:


Ungedruckte Quellen:

Ev. Pfarramt Kilchberg

Taufregister, Heirats- und Totenregister ab 1597

Ev. Kirchenregisteramt Tübingen

Taufregister 1596 – 1781, Familienregister aus der Zeit um 1800 Buchstabe T-Z


Gedruckte Literatur:

Georg von Ehingen, Höfling, Ritter, Landvogt, Tüb. Kataloge Nr. 28, Redaktion: Wilfried Setzler 1986

Kilchberg – Streifzug durch acht Jahrhunderte, Redaktion Gerd Million, hgg. von der Universitätsstadt Tübingen – Kulturamt, 1986


Carl Holzherr, Geschichte der Reichsfreiherren von Ehingen, Stuttgart, 1884

Hans Peter Müller, die Vorfahren des Rudolf von Ehingen. In: Der Sülchgau 32. Band, 1988, S.81-80

Karl Krauß, Georg I. von Ehingen, Privatdruck Chr. v. Tessin, 1998

Karl Krauß, Rudolf II. von Ehingen und Neuneck 1465-1538, Privatdruck Chr. v. Tessin, 1989

Karl Krauß, Die Freiherren von Ehingen und ihr Besitz in Kilchberg, mschr. 1977

Karl Krauß, Des Schwäbischen Ritters Georg von Ehingen Reisen nach der Ritterschaft, Privatdruck Chr. v. Tessin, 1988, 2. Aufl. 2009

Karl Krauß, [Die] Kilchberger Martinskirche, hgg. v.d. Ev. Kirchengemeinde Kilchberg-Bühl, Hepper-Verlag Tübingen-Hagelloch, 1998

Karl Krauß, Dorf und Schloß Kilchberg 1721-1765. Die herrschaftlichen Bauten in der Leutrumzeit, Privatdruck Chr. v. Tessin, 1997, 2. Aufl. 2005

Karl Krauß, Die Freiherren von Closen und ihr Besitz in und um Tübingen. In: Der Sülchgau 32. Band, 1988, S.81-97



Monographien zur Stiftskirche:

Hermann Jantzen, Stiftskirche in Tübingen, Beiträge zur Tübinger Geschichte, hgg. von der Stadt Tübingen – Kulturamt Band 3, 1993

Stefanie Knöll, Die Grabmonumente der Stiftskirche in Tübingen, 2007

Albert Westermayer, Die Grabdenkmäler der Stiftskirche zu St. Georg in Tübingen, 1912



Kleine Kirchenführer:

Stiftskirche Tübingen. Die Stiftskirche zu Tübingen. Im Auftrag der Evang. Stiftskirchengemeinde verfasst von Adolf Gommel 1966 (30 Seiten)

Stiftskirche Tübingen. Evang. Stiftskirche Innenerneuerung 1962-1964, hgg. von der Evang. Stiftskirchengemeinde 1964 (Dekan Fredrich Epting).

Evang. Stiftskirche Innenerneuerung 1962-1964, hgg. von der Evang. Stiftskirchengemeinde (48 Seiten)

Die Stiftskirche zu Tübingen. Zusammengestellt von Stiftsmesner Helmut Weber [1959] (52 Seiten)


1 Merkelbach S. 9. Es könnte sich auch um eine Angehörige der in Kirchberg bei Sulz/Haigerloch ansässigen Familie handeln.


2 Karl Krauß, Georg I., S. 101f,

3 nach Holzherr S. 47. Georgs Bildnis als knieender Ritter auf dem Standflügel des Altars in der Schlosskapelle s. Karl Krauß, Des schwäb. Ritters... S. 22 (Bildnis)

4 Karl Krauß, Des Schwäbischen Ritters Georg von Ehingen Reisen, Vorwort der Herausgeberin S. 5

5 Jantzen S. 178)

6 August Friedrich von Closen war der Vater von Sigismund August von Closen, der in der Stiftskirche begraben wurde (Epitaph in der Vorhalle an der Westwand) – Näheres siehe unten.

7 Zur Familie von Woellwarth siehe: Die Freiherrn von Woellwarth. Stammtafeln zusammengestellt von Albrecht Freiherr von Woellwarth. Als Manuskript gedruckt 1949 in der W.A:Stierlin Buchdruckerei Aalen/Württ. 1949

8 Holzherr S. 66 und S. 75

9 siehe Zeichnung aus Jantzen S.63, Grundrisszeichnung von Grosch. Zum folgenden siehe Jantzen, S. 55: Das Kirchenstuhlwesen

10 Karl Krauß, Dorf und Schloss Kilchberg 1721-1765 S. 20. Nach Karl Krauß, Rudolf II. von Ehingen und Neuneck, S. 45, hatte dieses Haus bereits Rudolf II. von Ehingen 1522 gekauft.

11 Fam.Reg. Tü S. 727. Der Eintrag ist sehr kurz und ungewöhnlich: Keine Angabe der Mutter, keinerlei Paten!

12 Nach Setzler, Georg von Ehingen, Tüb. Kataloge 28, S. 4ff

13 Nach Holzherr S. 28ff

14 Holzherr S. 32

15 Karl Krauß, Georg I. von Ehingen, Privatdruck Chr. v.Tessin, 1998, S. 46

16 ebd. S. 89

17 Vgl. Udo Rauch im Schwäbischen Tagblatt vom 12. Mai 1990, Stadtpalais mit Blick zur Stammburg. Münzgasse 14 und 16: Das stattlichste Privatanwesen innerhalb der Stadtmauern. Rauch birgt einen bedeutenden Schriftschatz: Im Hause wurden alle Besitzerbelege seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert im Besitz der Herren von First war – von Ehingen keine Spur!! Ebenso schon Wilfried Setzler bei seiner Führung: Kennen Sie Tübingen, Bericht im Schwäbischen Tagblatt vom 4.7.1983.


18 Jantzen S. 248f.

19 ebd. S. 268. Bild S. 269Anm. 596 geht auf die Annahme von Rüdiger Becksmann ein, dass Georg von E. eine eigene Fensterstiftung gemacht habe. (Die mittelalterlichen Glasmalereien in Schwaben von 1350 bis 1530 ohne Ulm, Berlin 1986 (Corpus vitrearum....)

20 Jantzen S. 179. Diese Lilie könnte das Wappen der ausgestorbenen Familie Last sein (nach Hansmartin Decker-Hauff)

21 Holzherr (S. 41 und 48) war noch der Meinung, dass Anna von Richtenberg die 2. Frau Georgs gewesen sei.

22 Holzherr S. 49ff

23 Nach Karl Krauß, Auswärtige Besitzungen der Freiherrn von Ehingen zu Kilchberg, mschr. 1977, S. 8 und Karl Krauß, Die Geschichte der Freiherren von Ehingen, Teil II, mschr. 1978, S. 23 und nach Holzherr S.73

24 Nach Hubert Krins, in: Kilchberg – ein Streifzug S. 139

25 Nach Westermayer S. 323-326

26 In: Der Sülgau 1988 S. 86

27 Krauß, die Kilchberger Kirche S.40, Jantzen S. 43

28 Jantzen S. 290f. Krauß Martinskirche S. 24f.